Advent – auf Gottes Eingreifen warten

Gedanken zum Advent

Am 29. November beginnt dieses Jahr die Adventszeit. Im Advent geht es ums Warten. Wir warten auf Jesus. Wir warten auf sein Eingreifen. Damit beginnt der christliche Kalender. Er beginnt nicht mit der Geburt Jesu, sondern mit der Erwartung seiner Geburt. Er beginnt nicht mit einer grossen Feier, sondern mit Warten.

In unserer Gesellschaft sind wir nicht gut im Warten. Wir leben in einer Instant -Gesellschaft. Wir wollen und können Dinge immer schneller bekommen. Warten ist out. Warten gilt als verlorene Zeit. Und Zeit ist ein sehr kostbares Gut. Warten wird als verlorene Zeit gesehen, denn wir machen nichts. Und darauf sind wir nicht besonders stolz. Oder bist du stolz auf dich, weil du heute nichts getan hast? Ich höre in diesem Fall eher eine Entschuldigung. Wir wollen produktiv sein. Wir wollen was erleben und aktiv sein.

Warten ist oft mit Klagen verbunden. Wenn wir warten (müssen), dann beklagen wir uns. Wenn es zu lange an der Kasse geht, dann beschweren wir uns. Dann kommst du nach Hause und sagst in beklagendem Ton, dass es wieder so lange ging. Also ich habe noch nie jemand gehört, der gesagt hat, dass es einem so gut getan hat an der Kassen zu warten, weil es so schön stressfrei war. Endlich mal durchschnaufen und einfach rumstehen. Wie schön! Nein, warten macht uns eher unglücklich.

Dasselbe gilt auch für unser geistliches Leben. Wenn wir auf Gott warten dann meistens weil wir mit der aktuellen Situation unzufrieden sind. Wir benötigen Gottes Reden oder Eingreifen. Deshalb wenden wir uns an ihn und erwarten sein Eingreifen. Wenn das auf sich warten lässt, dann stellen wir uns Fragen über Gott. Auf Gott warten ist mit Klagen verbunden. Oder wartest du gerade auf Gott, weil es dir so gut geht?

Ich kritisiere die Verbindung zwischen Warten und Klage überhaupt nicht. Sie ist natürlich. Wenn eine Situation schlimm oder schwierig ist, dann wenden wir uns natürlich an Gott. Wir klagen ihm unser Leid. Und wir warten auf sein Eingreifen. Dieses Warten fühlt sich oft nicht gut an. Es ist eine schwere Zeit. Doch im Warten passiert etwas. Gott offenbart sich gerade im Warten, doch dafür müssen wir innerlich zur Ruhe kommen und uns auf ihn ausrichten. Dann können wir erfahren, dass Gott sich im Warten zeigt und wir durch die Begegnung mit ihm verwandelt werden. Wenn wir in einer guten Weise warten, kann unsere Seele zur Ruhe kommen. Wenn unsere Seele zur Ruhe gekommen ist, können wir ein stärkeres Bewusstsein bekommen dafür was Gott gerade tut.

Gott ist übrigens immer am Wirken. Gott ist nie tatenlos. Er liebt konstant. Er hört nie auf zu lieben. Doch uns ist das nicht immer bewusst. Sorgen können unseren Blick auf den liebenden Gott verstellen. Wenn wir voll sind von Angst, Ärger, Unsicherheit und Ungeduld sind wir wie blind für das Wirken Gottes im hier und jetzt.

Im Advent geht es ums Warten. Wir warten auf Jesus. Warten ist eine wichtige geistliche Disziplin. Ich wünsche euch viele gute, reinigende Erfahrungen damit.

Mythen über die Weihnachtsgeschichte (2): Die einsame Geburt in einem dreckigen Stall

Im ersten Teil habe ich versucht darzulegen, warum ich glaube, dass Maria und Jospeh sehr wohl von den Bewohnern in Bethlehem aufgenommen wurden. Jetzt wird mir der einen oder andere entgegnen: aufgenommen am Ende schon, aber ein Stall ist nicht gerade eine gemütliche und angemessene Unterkunft für eine Schwangere. Um dieses Argument zu entkräften will ich auf den Geburtsort von Jesus eingehen.

Jesus wurde direkt nach seiner Entbindung in eine  Krippe gelegt. Wir lesen Krippe und denken automatisch an einen Stall oder an eine Scheune – beides keine tollen Orte für eine Geburt. Doch wir sollten bedenken, dass die Häuser zu der damaligen Zeit anders gebaut waren als unsere Häuser. Reiche Menschen hatte normalerweise für ihre Tiere ein separates Gebäude. Nicht so die einfachen Leute. Ihr Haus bestand normalerweise aus zwei Räumen. Ein Raum war exklusiv für Gäste reserviert und im zweiten Raum lebte die Familie. Dieser Raum war quasi das Wohnzimmer (Familienzimmer) inklusive Küche und Schlafzimmer. Dieser Raum war entweder an der Seite zur Tür etwas niedriger oder durch Holzbalken getrennt. Dieser abgetrennte Bereich zum Familienzimmers war der Stall. Jeden Abend wurden die Tiere ins Haus gebraucht, um sie vor dem Wetter und Dieben zu schützen. Ähnlich wie in unseren „alten“ Bauernhöfen lebten Menschen und Tiere unter einem Dach. Die Häuser hatten meist ein Flachdach und waren einstöckig oder hatten im zweiten Stock ein Gästezimmer. Das Gästezimmer konnte aber auch einfach angebaut sein. Folgende Skizze soll das verdeutlichen:

Die Krippen standen etwas vom Stall erhört auf der Ebene des Familienzimmers. Falls die Kühe in der Nacht Hunger hatten, standen sie auf und konnten aus der Krippe essen. Für die Schafe gab es kleineer Krippen, die im Stall standen. Dass Jesus nach der Geburt in eine der Krippen gelegt wurde ist also nicht sehr verwunderlich, noch deutet es auf eine armselige Unterkunft hin.

Nun lautet die Begründung von Lukas, dass Jesus in die Krippe gelegt wurde, weil in der Herberge kein Raum für sie war. Diese Aussage impliziert für uns, dass eine Herberge/Hotel eine Anzahl von Zimmern hat, die alle schon vermietet waren. Doch damit liegen wir nicht ganz richtig. Das Wort Herberge ist etwas irreführend. Das griechische Wort (katalyma), das Lukas an diese Stelle verwendet ist nicht das Wort für ein professionelles oder wirtschaftlich betriebenes Hotel, sondern meint ein Ort zum Übernachten oder Verweilen. Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter verwendet Jesus ein anderes Wort, welches auf ein Hotel hindeutet. In einem privaten Haus meint katalyma letztlich das Gästezimmer. Bezogen auf Jospeh und Maria bedeutet das also, dass bei der Familie, die sie aufgenommen haben, dass Gästezimmer schon voll war und sie mit ins Familienzimmer mussten.

Das Familienzimmer wird dann für die Geburt eingerichtet gewesen sein. Die Hebamme und einige Frauen werden Maria bei der Geburt zur Seite gestanden haben. Alles andere wäre unnormal gewesen. Die Vorstellung, dass Maria ganz allein nur mit Joseph an ihrer Seite das Kind in einem Stall zur Welt gebracht hat, kann unmöglich stimmen. Maria hatte die Unterstützung durch die Dorffrauen.

Mythen über die Weihnachtsgeschichte (1): War es wirklich so schwierig für Maria und Joseph eine Unterkunft zu finden?

Die Weihnachtsgeschichte ist eine der bekanntesten und beliebtesten Geschichte der Bibel. An jedem Weihnachtsgottesdienst wird in den Kirchen ein Krippenspiel aufgeführt.  Auch wenn sich die Aufführungen unterschieden geht es meint u.a. die schwierge Suche von Joseph und Maria nach einer Unterkunft. Doch war ihre Suche wirklich so schwierig? Ich habe daran erhebliche Zweifel.

Grund 1: Das Dorfleben im Nahen Osten darf nicht mit unserer stark individualistischen Gesellschaft verglichen werden. Man kannte sie sich und wusste übereinander Bescheid. Es gab viele verwandtschaftliche Beziehungen und auch wirtschaftlich war man aufeinander angewiesen.  Joseph ist in seine Heimatstadt gereist. Seine Vorfahren haben dort gelebt und in der Vergangenheit das Dorfleben  mitgeprägt. Er oder zumindest seine Vorfahren kannte man. Allein von daher ist es äußerst ungewöhnlich, dass niemand sie aufnahm. Gerade wenn man bedenkt, dass Gastfreundschaft eine der höchsten Werte war.

Grund 2: Joseph gehörte zu einer ganz besonderen Familie. Er war königlicher Abstammung und nach unseren Maßstäben damit adelig. Die Familie von David war so berühmt, dass die Stadt sogar nach ihm benannt wurde. Es heißt, dass er „in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt“ reiste (Lk 2,4). Eigentlich ist Jerusalem die Davidsstadt, aber offensichtlich wurde auch Bethlehem so genannt . Als ein Nachkomme David wäre Joseph auf jeden Fall aufgenommen worden.

Grund 3:  Maria war zu der Zeit hoch schwanger. Ihr keine Unterkunft zu geben bedeutet letztlich, dass die Menschen in Bethlehem sich nicht um Schwangere kümmern. Auf hochschwangeren Frauen wurde auch in dieser Gesellschaft Rücksicht genommen. Man war um ihr Wohl besorgt. Daher haben die Dorfbewohner mit Sicherheit einen geeigneten Platz für die beiden bereit gestellt. Einer schwangeren Frau Hilfe vorzuenthalten wäre für jeden ein beschämender Akt.

Grund 4: Hätten Joseph und Maria tatsächlich keine Unterkunft gefunden, wären sie  zu Marias Verwandten gegangen. Ihre Cousine Elisabeth, die sie zuvor besucht hatte, wohnte nur unweit von Bethlehem entfernt. Es wäre nur ein logischer Schritt gewesen zu ihnen zu gehen und bei ihr das Kind zu gebären. Doch das haben sie nicht getan.

Dass Joseph und Maria unter Zeitdruck standen, wie aus den Krippenspielen bekannt, entspricht nicht dem Textbefund des Neuen Testamentes. Lukas berichtet, dass die beiden sich auf den Weg nach Bethlehem machten (4) und als sie dort waren ihre Tage erfüllt waren (6). Viele Christen denken, dass Jesus noch in der Nacht ihrer Ankunft geboren wurde. Doch die Zeit in Bethlehem wird in der Bibel nicht näher beschrieben. Es wäre auf jeden Fall ungewöhnlich, dass die beiden die Schwangerschaft bei ihrer Reiseplanung nicht berücksichtigt haben.