Ich habe mich in den letzten Monaten intensiv mit dem Thema des Sabbats / Ruhetags beschäftigt. Daraus ist eine 5teilige Predigtserie entstanden. Sie setzt sich mit der biblischen Sicht auf den Sabbat und unserer Gesellschaft auseinander und sucht nach Wegen in unserer Zeit dem Sabbat Gewicht zu geben. Im Ruhetag sehe ich Gottes Weisheit für uns. Sie trifft auf eine starke Sehnsucht nach Ruhe, Langsamkeit, Einfachheit & Präsenz. Wer den Ruhetag bewusst praktiziert, so glaube ich, kann darin Gottes Wesen erkennen und Gott finden.
“Manche Dinge kann Gott uns nur in die Seele legen, wenn wir die Arbeit aus der Hand legen und zur Ruhe kommen.”
Pete Scazzero
Der Aufbau der Predigtreihe sieht folgendermassen aus:
Die Predigt über den Sabbat als Rhythmus nimmt Bezug auf die Begründung für das Halten des Sabbats in den 10 Geboten.
Die Predigt über den Sabbat als Schatz stellt den Sabbat als zentrale geistliche Übung, als Form des Widerstands und als Ort der Gottesoffenbarung vor.
Die Predigt über den Sabbat als Weisheit thematisiert vier Kennzeichen des Sabbats: aufhören, ausruhen, sich freuen, Gott anbeten.
Die Predigt über die Freude des Sabbats richtet den Blick auf Jesus und seine Auseinandersetzungen mit den Gelehrten seiner Zeit.
Die Predigt über die Praxis des Sabbats zeigt Wege auf, wie der Ruhetage ganz praktisch umgesetzt werden kann.
Seit fast 90 Jahren gibt es die Tradition der Jahreslosung. Die sogenannte “Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen” wählt jedes Jahr eine Losung aus allen Vorschlägen aus, welche die Mitglieder abgegeben haben. Es ist also keine Aus-Losung im eigentlichen Sinne mehr, sondern ein Auswählen. Die Jahreslosung soll helfen die Bibel zu lesen, mehr über die Bibel zu erfahren und Mut machen. Für 2021 wurde ein Jesus-Wort ausgelost. Jesus Christus spricht: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist (Lk 6,36).“
Gott hat einen Namen
In der Jahreslosung geht es um Gottes Wesen. Wie ist Gott? – Jesu Antwort ist barmherzig. Wenn wir in die Bibel schauen, dann ist Barmherzigkeit eines der Eigenschaften die am häufigsten auf Gott bezogen wird. Wieder und wieder wird diskutiert was es bedeutet, dass Gott barmherzig ist.
Gehen wir in den ersten Teil der Bibel. Die Bibel berichtet wie das Volk Israel durch Gottes Eingreifen aus der Sklaverei in Ägypten befreit wird. Sie befinden sich als freie Menschen in der Wüste. Dort begegnet ihnen Gott. Er ruft den israelischen Führer Mose auf den Berg Sinai zu kommen. Als Mose auf dem Berg geht, kommt Gott in einer Wolke herunter und geht so an Mose vorbei und stellt sich ihm vor: »Ich bin der HERR! ‘Ich bin da’ ist mein Name! Ich bin ein Gott voll Liebe und Erbarmen. Ich habe Geduld, meine Güte und Treue sind grenzenlos. Ich erweise Güte über Tausende von Generationen hin, ich vergebe Schuld, Verfehlung und Auflehnung; aber ich lasse auch nicht alles ungestraft hingehen. Wenn sich jemand gegen mich wendet, dann bestrafe ich dafür noch seine Kinder und Enkel bis in die dritte und vierte Generation (2Mose 34,6-7).« Gott stellt sich vor als ein Gott voll Liebe und Erbarmen. Anstatt Liebe könnte auch mit Barmherzigkeit übersetzt werden, denn das benützte hebräische Wort ist das Äquivalent zu dem griechischen Ausdruck in dem was Jesus über Gott sagt d. h. Jesus gebraucht viele Jahre später dasselbe Wort wie Gott als er sich Mose in der Wolke vorstellt. Gott stellt sich als barmherzig und gnädig vor. Das nennt er nicht ohne Grund zuerst. Am Anfang führt er die dominanten Eigenschaften auf. Die beiden Eigenschaften hängen zusammen. Das hebräische Wort für Barmherzigkeit hat ihre Wurzel vom Mutterleib oder der Gebärmutter. Die Idee dahinter ist das Gefühl einer Mutter für ihr frischgeborenes Baby zu beschreiben. Es geht um die Beziehung einer schwangeren Frau, die sie zu ihrem ungeborenen Baby aufbaut und um das Gefühl, dass sie hat wenn sie ihr Kind nach dem sie es unter Schmerzen geboren hat zum ersten Mal in ihren Armen hält. Wer Mütter kennt, der weiss, das ist ein unglaubliches, überwältigendes Gefühl des Glücks ist. Gott wird hier mit dem Gefühlsleben einer jungen Mutter verglichen. Barmherzigkeit ist ein Gefühlswort. Gnädig ist mehr eine Aktionsbegriff im Sinne von Gnade zeigen und gnädig sein. Es wird gebraucht, wenn jemand einem zur Hilfe eilt. Es beschreibt die rettende, helfende Aktion. Das Gefühl der Barmherzigkeit löst das gnädige Handeln aus.
Die zwei Prostituierten
In der Bibel gibt es ein paar konkrete Beispiele für die hier gemeinte Mutterliebe. Eines davon spielt sich ab als Salomo König von Israel war. In dieser Funktion war er auch eine Art Richter. Eines Tages bringen sie zwei Frauen zu ihm, die sich um ein Kleinkind stritten. Beide behaupteten, dass es ihr Kind sei. Die eine Frau hatte kurz zuvor durch einen tragischen Zwischenfall ihr eigenes Kind verloren und behauptete nun die Mutter des noch lebenden Kindes zu sein. DNA-Tests gab es noch nicht, die die wahre Mutterschaft bestätigt hätte. Doch Salomo fällt eine clevere Idee ein: „Er befahl weiter: »Zerschneidet das lebende Kind in zwei Teile und gebt die eine Hälfte der einen, die andere Hälfte der andern!« (1Kön 3,25)“ Seine Idee zeigt die erhoffte Wirkung: „Da rief die Frau, der das lebende Kind gehörte – denn die Mutterliebe regte sich mächtig in ihr: »Ach, mein Herr und König! Gebt es der andern, aber lasst es leben!« Die andere aber sagte: »Weder dir noch mir soll es gehören! Zerschneidet es nur!« (1Kön 3,26)“ Als Salomo den Auftrag gab das Kind zu halbieren, regte sich in der wahren Mutter ihre Muttergefühle. Sie ist von tiefen Mitleid gepackt. Ihr sitzt der Schock in den Gliedern. Ihre Gefühlswelt ist tief getroffen. Sie muss etwas tun. Ihre Liebe für ihr Kind machte sie zur Kämpferin für ihr Kind. Ihre Liebe für ihr Kind brachte sie sogar soweit, dass sie bereit ist es herzugeben, wenn es nur überlebt. Die andere Frau war mit dem Vorschlag von Salomo einverstanden. Durch die Reaktion identifizierte Salomo die wahre Mutter. Er gab ihr ihr Kind zurück.
Diese wahre Begebenheit verdeutlicht das Wesen Gottes und Handeln uns Menschen gegenüber. Wie diese Mutter ihr Kind liebte und sich dafür einsetzte, dass ihm nichts zustösst, so fühlt auch Gott gegenüber dir. Wenn jemand versucht dich grundlos zu verurteilen oder dir Schaden zufügen will, dann melden sich die Barmherzigkeitsgefühle von Gott. Gott hat diese Gefühle dir gegenüber. Und diese Gefühle lösen sein gnädiges Handeln aus. Es bleibt nicht beim herzzerreisenden Gefühl, sondern mündet in die helfende Tat. So ist Gott. Barmherzig und gnädig. Mitfühlende und helfend. Er liebt unerwartet. Wenn wir uns an Gott wenden, dann wenden wir uns an einen Gott der mitfühlt und sich um uns kümmert. Und wir kommen vor einen Gott der handelt und sich um unsere Situation kümmert.
Nachahmer Gottes
Kommen wir zu Jesus. Viele Jahre nach der Gottesbegegnung von Mose lehrt Jesus die Menschen über Gott. Seine bekannteste Rede ist die sogenannte Bergpredigt. Sie steht im Matthäusevangelium. Im Lukasevangelium steht eine ähnliche, wenn auch deutlich kürzere Version davon bzw. es wird ein anderer Anlass gewesen sein. Dort heisst sie die Feldrede. In dieser Feldrede spricht Jesus über seinen Vater und spielt auf die Gottesbegegnung von Mose am Berg Sinai an: „Werdet barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist! Verurteilt nicht andere, dann wird Gott auch euch nicht verurteilen. Sitzt über niemand zu Gericht, dann wird Gott auch über euch nicht zu Gericht sitzen. Verzeiht, dann wird Gott euch verzeihen. Schenkt, dann wird Gott euch schenken; ja, er wird euch so überreich beschenken, dass ihr gar nicht alles fassen könnt. Darum gebraucht anderen gegenüber ein reichliches Maß; denn Gott wird bei euch dasselbe Maß verwenden (Lk 6,36-38).“ Gott ist barmherzig. Gott hat sich nicht geändert. Sein Wesen ist und bleibt Barmherzigkeit. Wir vertrauen einem Gotte dessen Gefühle von Barmherzigkeit geleitet sind. Er handelt uns gegenüber barmherzig. Das ist eine gute Nachricht. Doch dabei belässt es Jesus nicht. Er bringt Gottes Wesen mit unserem Wesen in Verbindung. Wir sollen Gott nachahmen und deshalb wie er vom Wesen her barmherzig sein. Gott will, dass wir ihm nachfolgen und nachahmen. Die Bibel nennt dies einen Jünger von Jesus zu sein. Ein Jünger lernt aktiv von Jesus und zwar in allen Bereichen des Lebens. Er grenzt bestimmte Aspekte des Lebens nicht aus. Ein Jünger beschäftigt sich immer und immer wieder mit zwei Schlüsselfragen:
(1) Was sagt Jesus?
(2) Was bedeutet das für mich konkret?
Wenden wir das auf die Jahreslosung an. Jesus sagt, dass Gott barmherzig ist und wir auch barmherzig werden sollen. Barmherzigkeit ist was Gott ist und daher soll auch den Jünger Barmherzigkeit ausmachen. Barmherzigkeit ist was Gott ausmacht und daher soll auch in der Gemeinschaft der Christen Barmherzigkeit zu finden sein.
Gezeichnet von Barmherzigkeit
Jesus erwartet von uns Christen, dass wir gekennzeichnet sind durch Barmherzigkeit. Er gibt uns die Aufgabe Gottes barmherzige Art hier auf Erde weiterzuführen und täglich zu demonstrieren. Barmherzigkeit ist der Kern unserer Identität und Mission als Christen. Barmherzigkeit ist nicht einfach ein Wert den wir auch praktizieren, sondern den wir Tag für Tag neu wählen. Wir sehen und begegnen Menschen und Situation durch den Blick eines barmherzigen Menschen.
Wie zeigt sich Barmherzigkeit? Es gibt keine Liste und darum geht es auch nicht. Barmherzigkeit ist eine Herzenshaltung, die wir in den Widrigkeiten dieser Welt versuchen zu zeigen. Jesus selbst gibt im Kontext der Feldrede ein paar treffende Beispiele. Barmherzigkeit verurteilt nicht (Lk 6,37). Barmherzigkeit verzeiht (Lk 6,37). Barmherzigkeit ist grosszügig (Lk 6,38). Barmherzigkeit liebt überraschend und unerwartet. Indem wir Jesus nachahmen und gezeichnet von Barmherzigkeit sind stellen wir Barmherzigkeit über Verurteilung, Vergebung über Hartherzigkeit und Rechthaberei, Offenheit über Ausschluss, Grosszügigkeit über Eifersucht, Annahme und Verständnis über Gemeinheit.
Wir leben in einer ichbezogenen Kultur. Menschen sind gemein zu einander. Menschen verurteilen sich, grenzen aus, mobben und haben recht. Als Christen sollen wir uns nicht von dieser Kultur prägen lassen. Wir sollen Gottes Wesen nachnahmen und überstömende, ungezähmte, unverschämte Barmherzigkeit leben.
Schlussgedanke
Lasst uns erinnern was Jakobus, der Bruder von Jesus, sagte: „Wer selbst kein Erbarmen gehabt hat, über den wird auch Gott erbarmungslos Gericht halten. Wenn aber jemand barmherzig war, dann gilt: Das Erbarmen triumphiert über das Gericht (Jak 2,13).“ Erbarmen triumphiert über Verurteilung! Wir sollten uns das in unsere Seele schreiben. Der Weg Jesus triumphiert! Barmherzigkeit triumphiert und nicht Eifersucht, Rechthaberei, Ichbezogenheit, Gemeinheit. Vielleicht wirst du mir jetzt sagen: “Martin, aber schau noch mal in die Welt. Die Realität sieht anders aus.” Ich weiss. Ich weiss. Barmherzigkeit ist vielerorts eine Schwäche. Wer nachsichtig ist verliert. Doch wenn wir die Welt durch Jesu Augen betrachten, dann triumphiert Barmherzigkeit über Verurteilung. Und jedes Mal, wenn wir selbst erbarmen zeigen anstatt aus Gemeinheit zu reagieren triumphieren wir mit. Deshalb …
wenn du jemanden beschuldigen könntest … sei barmherzig.
wenn du jemanden beschämen könntest … sei barmherzig.
wenn du jemanden kritisieren könntest … sei barmherzig.
wenn du jemanden verurteilen könntest … sei barmherzig.
wenn du mit Jemanden eine Meinungsverschiedenheit hast … sei barmherzig.
wenn du mit Sicherheit im Recht bist … sei barmherzig.
wenn du dich rächen könntest … sei barmherzig.
Beten wir: “Herr erbarme dich meiner” und du wirst sehen wie der Gott der Barmherzigkeit dir Barmherzigkeit schenkt und du wie eine Mutter die um ihr Kind kämpft dich für andere einsetzt – trotz allem. Barmherzigkeit triumphiert in den Gottes Augen immer. Lasst uns dieses Jahr viele Barmherzigkeits-Siege einfahren in dem Wissen, dass Gott uns hilft barmherzig zu werden. Deshalb lasst uns beten: “Herr erbarme dich meiner.”
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Aufzählung am Ende ist eine freie Übertragung von mir aus Brian Zahnds Artikel: Mercy in a mean time.
Bild von mir aufgenommen in der Kirche des Kloster Fahr
Am 29. November beginnt dieses Jahr die Adventszeit. Im Advent geht es ums Warten. Wir warten auf Jesus. Wir warten auf sein Eingreifen. Damit beginnt der christliche Kalender. Er beginnt nicht mit der Geburt Jesu, sondern mit der Erwartung seiner Geburt. Er beginnt nicht mit einer grossen Feier, sondern mit Warten.
In unserer Gesellschaft sind wir nicht gut im Warten. Wir leben in einer Instant -Gesellschaft. Wir wollen und können Dinge immer schneller bekommen. Warten ist out. Warten gilt als verlorene Zeit. Und Zeit ist ein sehr kostbares Gut. Warten wird als verlorene Zeit gesehen, denn wir machen nichts. Und darauf sind wir nicht besonders stolz. Oder bist du stolz auf dich, weil du heute nichts getan hast? Ich höre in diesem Fall eher eine Entschuldigung. Wir wollen produktiv sein. Wir wollen was erleben und aktiv sein.
Warten ist oft mit Klagen verbunden. Wenn wir warten (müssen), dann beklagen wir uns. Wenn es zu lange an der Kasse geht, dann beschweren wir uns. Dann kommst du nach Hause und sagst in beklagendem Ton, dass es wieder so lange ging. Also ich habe noch nie jemand gehört, der gesagt hat, dass es einem so gut getan hat an der Kassen zu warten, weil es so schön stressfrei war. Endlich mal durchschnaufen und einfach rumstehen. Wie schön! Nein, warten macht uns eher unglücklich.
Dasselbe gilt auch für unser geistliches Leben. Wenn wir auf Gott warten dann meistens weil wir mit der aktuellen Situation unzufrieden sind. Wir benötigen Gottes Reden oder Eingreifen. Deshalb wenden wir uns an ihn und erwarten sein Eingreifen. Wenn das auf sich warten lässt, dann stellen wir uns Fragen über Gott. Auf Gott warten ist mit Klagen verbunden. Oder wartest du gerade auf Gott, weil es dir so gut geht?
Ich kritisiere die Verbindung zwischen Warten und Klage überhaupt nicht. Sie ist natürlich. Wenn eine Situation schlimm oder schwierig ist, dann wenden wir uns natürlich an Gott. Wir klagen ihm unser Leid. Und wir warten auf sein Eingreifen. Dieses Warten fühlt sich oft nicht gut an. Es ist eine schwere Zeit. Doch im Warten passiert etwas. Gott offenbart sich gerade im Warten, doch dafür müssen wir innerlich zur Ruhe kommen und uns auf ihn ausrichten. Dann können wir erfahren, dass Gott sich im Warten zeigt und wir durch die Begegnung mit ihm verwandelt werden. Wenn wir in einer guten Weise warten, kann unsere Seele zur Ruhe kommen. Wenn unsere Seele zur Ruhe gekommen ist, können wir ein stärkeres Bewusstsein bekommen dafür was Gott gerade tut.
Gott ist übrigens immer am Wirken. Gott ist nie tatenlos. Er liebt konstant. Er hört nie auf zu lieben. Doch uns ist das nicht immer bewusst. Sorgen können unseren Blick auf den liebenden Gott verstellen. Wenn wir voll sind von Angst, Ärger, Unsicherheit und Ungeduld sind wir wie blind für das Wirken Gottes im hier und jetzt.
Im Advent geht es ums Warten. Wir warten auf Jesus. Warten ist eine wichtige geistliche Disziplin. Ich wünsche euch viele gute, reinigende Erfahrungen damit.
Die Himmelfahrt Jesu bzw. Christ Himmelfahrt ist wahrscheinlich der am meisten übersehene Tag im christlichen Kalender. Er ist bei uns sogar noch ein Feiertag, doch schon längst in der Bedeutung zum Vatertag umgewandelt. In der westlichen Welt sind Weihnachten und Ostern sehr präsent, wenn auch stark kommerzialisiert. Karfreitag und Pfingsten sind noch bedeutende christliche Festtage, die auch in den christlichen Gemeinden gefeiert werden. Doch Christi Himmelfahrt ist fast ganz verlorenen gegangen. Warum? – vielleicht weil wir die Bedeutung von der Himmelfahrt Jesu verloren haben. Das ist bitter, denn ohne die Himmelfahrt Jesu sind das Evangelium und die Geschichte von Jesus unvollständig. Die Geschichte von Jesus ist: Inkarnation, Verkündigung und Errichtung des Reiches Gottes, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt. Wenn wir also die Himmelfahrt weglassen, übersehen wir das Ende. Die Geschichte von Jesus endet eben nicht mit der Auferstehung, sondern geht weiter mit der Himmelfahrt. Ohne die Himmelfahrt ist die Auferstehung unvollständig. Es würde den Sieg über den Tod demonstrieren, ohne die Erhöhung von Jesus zu implizieren. Das Ereignis der Himmelfahrt hat daher eine zentrale theologische Bedeutung.
Christ Himmelfahrt kommt 40 Tage nach Ostern. Das Kirchenjahr ist eingeführt worden um die Geschichte des Evangeliums von Advent bis Pfingsten zu erzählen. Dass Christi Himmelfahrt weitestgehend übersehen wird hängt vielleicht an dem Ereignis an sich. Es war ein komischer, abgefahrener Vorgang durch den Jesus nach seiner Auferstehung in den Himmel geholt wurde. Plötzlich war Jesus weg und liess verdutzte Jünger zurück! Dort im Himmel hält er ich mit Gott sich auf bis er denn wiederkommt.
Doch Christ Himmelfahrt handelt nicht vor der Abwesenheit Jesu, sondern von der Herrschaft Jesu. Die Aufnahme Jesu in den Himmel, wo er zur Rechten Gottes Platz genommen hat, ist sein Aufstieg, seine Beförderung, seine Wahl in eine Position, die ihm alle Autorität über den Himmel und die Erde gibt. Der Platz zur Rechten Gottes ist ein poetisches Bild mit dem ausgesagt wird, dass Gott jetzt Jesus alle Autorität im Himmel und auf Erden gegeben hat. Die Himmelfahrt führt nicht zur Abwesenheit Gottes, sondern zu seiner globalen, kosmischen Präsenz. Deshalb sagt der auferstandene Christus zu seinen Jüngern: Ich bin bei euch bis an die Enden der Erde (Mt 28,20). Es gibt keinen Ort auf der Erde an dem Jesus nicht ist und es gibt keine Macht, über die er nicht Herr ist.
Das bedeutet im Kern die Himmelfahrt Jesu. Doch das ist nicht das Verständnis viele Christen. Und das hat einen Einfluss auf ihre Theologie. Wenn wir nämlich die Geschichte Jesu schliessen indem wir sagen: und Jesus ging in den Himmel (deshalb ist er nicht mehr hier auf der Erde), aber irgendwann wird er wieder zurückkommen und dann seine Herrschaft aufrichten … dann spüren wir eine grössere Freiheit die Welt zu gestalten nach unseren Vorstellungen, weil Jesus abwesend ist. Diese Sicht degradiert Jesus vom ewigen Herrn der Welt, der zur Rechten Gottes sitzt und dem alle Macht und Autorität gegeben wurde, zu einem gekrönten Herrscher im Exil. Wir sehen Jesus dann nicht als einen der aktuell regiert und der seine Herrschaft angetreten ist und wir diese repräsentieren. Wir brauchen dann andere Herrscher. Doch die Himmelfahrt bedeutet nicht die Abwesenheit Gottes, sondern die Erhöhung! Jesus ist Herr. Jetzt. Nicht Jesus, der gerne Herr wäre. Nicht Jesus, der irgendwann Herr sein wird, sondern König Jesus und Herr der Herren jetzt und hier!
Die Könige dieser Welt bzw. die Regierungen dieser Erde sollten Jesus und seine Gebote nicht einfach ignorieren. Die Regierungen dieser Erde sollten sich vielmehr unter die Herrschaft Jesu stellen. Die Rolle der Kirche ist es ein prophetisches Zeugnis der Herrschaft Jesu zu sein, der mit Liebe, Frieden, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit regiert. Die Kirche fordert die Könige der Welt auf gemäss der Wege und Gesetze Jesu zu regieren. Sie sollen die Armen und Schwachen schützen. Die Kirche darf sich nicht von den Regierungen missbrauchen lassen oder sich ihnen unterwerfen, damit sie im Gegenzug etwas von ihnen bekommt. Nein, sie bezeugen Jesus Christus als Herrn der Herren. Damit sie das kann, muss sie zuerst der Überzeugung sein, dass Jesus der Herr der Welt ist im hier und jetzt. Davon gingen die ersten Christen aus. Sie lassen Psalm 2,10-12 als Bild für Jesus:
Darum nehmt Vernunft an, ihr Könige;
lasst euch warnen, ihr Mächtigen der Erde!
Unterwerft euch dem Herrn,
zittert vor ihm und jubelt ihm zu!
Huldigt seinem Sohn!
Sonst wird er unwillig
und es ist um euch geschehen;
denn sein Zorn ist schnell entflammt.
Wohl allen, die bei ihm Schutz suchen!
Und im apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen wir:
aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes,des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Wenn wir davon sprechen, dass Jesus wiederkommen wird, dann sollten wir nicht denken, dass Jesus seinen Aufenthaltsort wechselt, sondern dass er erscheint. Wenn Jesus wiederkommt (griech. Parousia), wird der Vorhang gelüftet und was schon immer Realität war, wird offenbart werden. Es ist der Zeitpunkt des Gerichtes; der Zeitpunkt, wenn offenbart wird wie wir unter der Herrschaft Jesu gelebt haben. Die Wiederkunft Jesu ist nicht der Beginn der Herrschaft Gottes, sondern der Zeitpunkt des Gerichts. Es wird beurteilt wie treu wir dem König Jesus gedient und gehorcht haben.
Professor Einstein stellte einst einem Geistlichen (Kardinal Faulhaber) die Frage: „Was würden sie tun, wenn Ihnen die Mathematik bewiese, dass Ihr Glaube falsch sei?“
Der Geistliche (Kardinal) antwortete: „Herr Professor, ich würde geduldig warten, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben.“ Der Glaube lässt sich nicht errechnen, noch durch die Wissenschaft widerlegen, denn die Wissenschaft oder generell menschliches Denken ist immer eingeschränkt. Auf der anderen Seite lässt sich Glaube aber auch nicht beweisen, sonst wäre es nicht mehr Glaube. Das Wesen des Glaubens liegt gerade darin begründet, dass ich auf etwas vertraue, was nicht greifbar ist. Die Bibel berichtet von Menschen die auf ihre Weise vertrauten. Und das wünscht Gott sich auch für uns. Er sucht Menschen mit einem unerschütterlichen Glauben, der allen Widerwärtigkeiten entgegen ihm volles Vertrauen schenkt – leidenschaftlicher Glaube. Unsere Geschichte erzählt von solch einem Menschen.
Lukas 7,1-10:
1 Das Volk hörte allem zu, was Jesus sagte. Als er seine Rede beendet hatte, ging er nach Kafarnaum.
2 Der Hauptmann ´einer dort stationierten Einheit` hatte einen Diener, den er sehr schätzte; dieser war schwer krank und lag im Sterben.
3 Als der Hauptmann von Jesus hörte, schickte er einige Älteste der jüdischen Gemeinde zu ihm; sie sollten ihn bitten, zu kommen und seinem Diener das Leben zu retten.
4 Die Männer gingen zu Jesus und baten ihn inständig, mit ihnen zu kommen. »Er ist es wert, dass du ihm diese Bitte erfüllst«, sagten sie.
5 »Er liebt unser Volk und hat uns sogar die Synagoge gebaut.«
6 Jesus machte sich mit ihnen auf den Weg. Doch als er nicht mehr weit vom Haus des Hauptmanns entfernt war, schickte dieser ihm einige Freunde entgegen und ließ ihm ausrichten: »Herr, bemühe dich nicht! Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst.
7 Deshalb hielt ich mich auch nicht für würdig, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund.
8 Ich bin ja selbst dem Befehl eines anderen unterstellt und habe meinerseits Soldaten unter mir. Wenn ich zu einem von ihnen sage: ›Geh!‹, dann geht er, und wenn ich zu einem sage: ›Komm!‹, dann kommt er; und wenn ich zu meinem Diener sage: ›Tu das und das!‹, dann tut er es.«
9 Jesus staunte über den Mann, als er das hörte. Er wandte sich um und sagte zu der Menge, die ihm folgte: »Ich versichere euch: Solch einen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden.«
10 Als die Männer, die der Hauptmann geschickt hatte, zu ihm zurückkamen, stellten sie fest, dass der Diener wieder gesund war.
Die Geschichte spielt in Kapernaum, das am See Genezareth liegt. Kapernaum war eine Grenzstadt und durch die Grenzsituation bedingt, war dort eine römische Einheit stationiert. Die Grenzen mussten gesichert sein und für Ruhe und Ordnung gesorgt werden. In Kapernaum verbrachte Jesus einige Zeit und vollbrachte schon zahlreiche Wunder wie Krankenheilungen, Dämonenaustreibungen und sogar eine Totenauferweckung. Die Menschen in Kapernaum kannten Jesus. Sie haben ihn erlebt oder kannten jemand, der etwas mit ihm erlebt hat. Die Basis von leidenschaftlichem Glauben ist eine Beziehung – unsere Beziehung zu Gott. Damit unser Glauben leidenschaftlicher wird oder leidenschaftlich bleibt müssen wir Jesus kennen und immer wieder Erfahrungen machen, denn unser Glaube ist nicht abstrakt, sondern persönlich.
Jesus kommt also nach Kapernaum. Da bekam auch der dort ansässige römische Hauptmann mit. Er befand sich in grosser Not, denn einer seiner Knechte, der ihm sehr wertvoll war, lang im Sterben. Solche Situation gibt es im Leben – Situation, die man keinem wünscht. Wir sind alle mit Krankheit, Schmerzen, Hass und leider immer wieder auch mit dem Tod konfrontiert. Das ist die Wirklichkeit unseres Lebens. Es macht es schwer. Mit Jesus zu leben heisst nicht von allem Elend von Krankheit und von Unfällen usw. verschont zu werden. Gott ist nicht in erster Linie für ein problemloses und unkompliziertes Leben verantwortlich. Das Entscheidende am Glauben an Jesus ist, dass wir durch Ihn für alle Zeit erlöst sind. Die Gefahr besteht darin, in solchen Lebensabschnitten an der Liebe und Grösse Gottes zu zweifeln. Oder sich gar von Jesus abzuwenden, wenn die Vorteile, die man sich für dieses Leben erhoffte, nicht eintreffen. Es gilt gerade auch in solchen schweren Phasen Gott zu vertrauen. Das ist nicht immer einfach. Doch darauf steht eine grosse Belohnung. Wir brauchen einen Glauben, der solche Phasen durchsteht. Leidenschaftlicher Glaube hält stand. Er ist ein Allwetterglauben. Jemand sagte mir mal: „Das Leben ist kein Wirrpool“. Der Glaube auch nicht. Aber der Glaube bringt eine wundervolle Belohnung – die Ewigkeit. .
Der Hauptmann lässt nach Jesus fragen. Jesus nimmt seine Bitte ernst und lässt sich zu seinem Haus führen. Dem Hauptmann wurde gemeldet, dass sich Jesus seinem Haus nähert, diesmal sendet er seine Freunde zu Jesus und liess ihm sagen: »Herr, bemühe dich nicht! Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Deshalb hielt ich mich auch nicht für würdig, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund.« Der Hauptman sagte das weil er nicht wollte, dass sich Jesus in den Augen der Juden verunreinigt. Ein Jude durfte das Haus eines Heiden nämlich nicht betreten. Sein Anliegen war einzig, seinen geliebten Knechten zurückzugewinnen. Dafür verlangte er nicht von Jesus kulturelle Grenzen zu überschreiten. Er war der Überzeugung, Jesus müsse nur ein Wort sprechen, so wäre sein Knecht wieder gesund. Er begründet diese Meinung mit einer Beobachtung: »Ich bin ja selbst dem Befehl eines anderen unterstellt und habe meinerseits Soldaten unter mir. Wenn ich zu einem von ihnen sage: ›Geh!‹, dann geht er, und wenn ich zu einem sage: ›Komm!‹, dann kommt er; und wenn ich zu meinem Diener sage: ›Tu das und das!‹, dann tut er es.« Er ist ein Mensch dem Macht gegeben ist von der Obrigkeit. Diese erlaubt ihm seinen Untergebenen Befehle zu erteilen, und sie werden von ihnen befolgt. Gleiches gilt für Jesus. Ihm ist Macht gegeben und diese Macht führt er aus. Jesus selbst ist seinem Vater unterstellt. Er handelt nach seinem Willen, weil er weiss das dies das Beste ist – für ihn und sein Umfeld. Das ist Hingabe. Das ist ein Leben im Vertrauen auf Gott. Leidenschaftlicher Glaube gibt sich hin. Daher wenn wir von leidenschaftlichem Glauben sprechen dann denken wir daran sein Leben Gott zur Verfügung zu stellen. Leidenschaftlicher Glaube folgt Jesus nach und nicht den eigenen Wünschen.
Jesus ist völlig erstaunt über den Glauben des Hauptmanns. Er dreht sich um, zu der Volksmenge, die ihm folgte, und er sagte ihnen: »Ich versichere euch: Solch einen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden.« Bei keinem Juden hat Jesus solchen Glauben gefunden. Freude und Interesse an Wundern begegnete ihm überall. Aber solchen Glauben fand er bis jetzt noch nicht. Der Glaube bestand ja darin, dass der Hauptmann Jesus erkannte und anerkannte als Sohn Gottes als Schöpfer des Himmels und der Erde, dem eben die Macht gegeben ist, auch über Kranke ein Wort zu sprechen und sie sind gesund. Und tatsächlich, als die Boten zurück in das Haus des Hauptmanns kamen, fanden sie den Knecht gesund. Für uns stellt sich die Frage: Findet Jesus bei uns diesen Glauben, der ihm vertraut, der weiss, dass Gott kein Ding unmöglich ist? Oder gehen wir vielmehr von unserem Denken, von unseren Möglichkeiten aus? Entscheiden nicht allzu oft wir, was Gott möglich ist und was nicht? Wir müssen lernen Gott zu vertrauen. Wir müssen wissen Gott ist kein Ding unmöglich, aber er muss uns nicht jeden persönlichen Wunsch erfüllen, denn Gott ist nicht da, um uns ein angenehmes Leben auf dieser Erde zu verschaffen, sondern wir sind da, um Gott zu dienen, mit allem was uns anvertraut ist. So sieht leidenschaftlicher Glaube aus.
… auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.
Zum Frühstück
Und mit dieser Haltung geht es weiter zum Frühstück. Der Psalm lädt uns ein mit einem Blick auf das was Gott alles für uns tut. Wie viel Segen war schon da, bis zu dem Moment, wo du am Frühstückstisch sitzt? Der Segen einer warmen Dusche. Der Segen eines freundlichen Lächelns von einem Menschen, mit dem du zusammen lebst. Der Segen von einer Wohnung, die sicher ist. Ein Dach über dem Kopf. Eine Heizung die funktioniert und schön warm gibt. Der Segen von einem Körper, der sich bewegt. Der Segen von Klamotten, die da sind. Gott hat schon ganz viel geschenkt. Und daher kannst du sagen: Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Das ist ein Bild aus der Hirtensprache. Die Hirten haben ihre Schafe immer zu den möglichst grünsten Auen geführt. Und so ist auch Gott. Wir sind uns das oftmals einfach nicht bewusst.
Er erquickt meine Seele. D. h. er kümmert sich um meine Bedürfnisse. Um das, wonach ich suche und wonach ich hungere: nach Gemeinschaft und Liebe und Zugehörigkeit und Sinn. Er erquickt meine Seele. Das ist meine Perspektive für diesen Tag. So will ich starten.
Man kann auch in den Tag starten mit den Gedanken: Ach du Schande, ich habe die Hausaufgaben vergessen und ich muss noch einkaufen und wie wird das auf der Arbeit, wenn der Chef wieder so bescheuert drauf ist. Und wie soll das noch rauskommen. Oh nein heute muss ich dieser Person wieder begegnen. Jetzt haben sie die Renten gekürzt. Und mein Lieblingsteam hat schon wieder verloren etc. Wir können auch so starten. Aber die Bibel lädt uns ein zu einem anderen Blick. Erhebt eure Häupter, schaut auf Gott. Er versorgt uns, er erquickt unsere Seele. Er kann deine tiefsten Wünsche nach Nähe, Zugehörigkeit und Annahme stillen. Ich kann dir sagen, dass ich in meinem Leben schon ziemlich unten war und fast alles verloren hatte. Und in dieser taffen Zeit habe ich auf eine ganz besondere Weise gespürt, dass er da ist und er mich nicht verlassen hat.
Du stehst auf und gehst zum Spiegel im Bad, stellst dich hin und sagst: Mir wird nichts mangeln. Das ist ein Satz in die Freiheit. Viel kluge Köpfe auf diesem Planeten setzen alle ihre Energie hinein uns davon zu überzeugen, dass wir Mangel haben. Es mangelt uns an iPhones, BMWs, gutem Aussehen, an Geld, an Urlaub etc. einfach an allem. Und wir werden jeden Tag daran erinnert, was uns mangelt. Kauf mich, iss mich, trink mich, tu mich in dein Haar und du wirst glücklich werden.
Der Satz „Mir wird nichts mangeln“ ist ein Satz in die Freiheit, weil du entscheidest: Es ist meine Entscheidung ob ich Mangel habe oder nicht. Ich bestimme darüber, was mir mangelt oder nicht. Und es ist ein Bekenntnis und eine Erinnerung daran, dass ich zu diesem Hirten gehöre der dafür sorgt, dass es mir an nichts mangelt. Alles was ich zum Leben brauche, wird er mir geben. Vielleicht nicht alles, was ich mir wünsche. Aber alles was ich brauche. Und ich muss mein ganzes Leben nicht nach allem Möglichen hinterherjagen.
Kennt ihr das? Ich musste letztens noch auf jemand warten – eine Frau. Und sie ist noch im Bad. Ich bin schon ungeduldig und äussere das auch. Und dann kommt die Aussage: „Sorry, ich komme gleich. Ich muss mich nur noch schnell fertig machen.“ Und genau das ist der Punkt. Ist es euch aufgefallen? „Ich mache mich noch schnell fertig“. Genau das machen wir oft. Besonders Frauen. Sie stehen vor dem Spiegel und machen sich im wahrsten Sinne des Wortes fertig: Da ein Pickel, da Hautunreinheiten, da ein Haar zu viel, das Kinn zu breit, hier zu dick, zusammengefasst: nicht besonders attraktiv. Morgens machen sich so viele Menschen fertig. Stattdessen müssten sie sich herrichten. Das ist ein herrliches Wort. Wir nehmen Haltung ein, stellen uns hin und geben unserem Leben eine gute Richtung. Und das tun mir indem wir sagen: Mir wird nichts mangeln. Ich bin beschenkt und werde heute Gutes erleben. Das Leben ist nicht schlecht. #23challenge
Wer ist Jesus? Ich möchte heute eine ungewöhnliche Beschreibung aufgreifen. Und zwar Jesus als Mitläufer. Zwei Jünger sind auf dem Weg nach Hause von den Passahfeierlichkeiten. Sie gehörten womöglich zu einer kleinen Gruppe von Jesus-Jüngern in Emmaus. Wo genau dieses Emmaus liegt ist heute nicht mehr rekonstruierbar. 60 Stadien lag es von Jerusalem entfernt. Das entspricht etwas mehr als 10 km. Einer der Jünger hieß Kleopas. Vermutlich derselbe, der auch in Johannes 19,25 genannt wird. Seine Frau wäre dann Maria, die ebenfalls Jüngerin Jesu war. Laut älterer Kirchengeschichte war Kleopas der Bruder Josefs, des juristischen Vater Jesu, und er somit ein Onkel von Jesus. Der zweite Jünger bleibt ungenannt. Hinter diesen beiden Jüngern liegen ereignisreiche Tage. Überlegen wir mal was in ihnen vorging: Wie jedes Jahr trafen sich die Juden zum Passahfest in Jerusalem. Alles war bereit für das große Fest. Reges Treiben, der Tempel vollgestopft, überall Menschen, Menschen, Menschen, Jerusalem völlig ausgebucht, Leben pur, ja auch anstrengend, zu viel Trubel, zu laut und dennoch jedes Jahr ein riesen Fest. Doch solch ein Fest hatten sie noch nie erlebt. Binnen Tage spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu. Jesu Einzug in Jerusalem, der Verrat Judas, die Festnahme und schließlich die Kreuzigung. Und das alles in unglaublich schnellem Tempo.
Wie viel Hoffnung hatten sie doch in Jesus gesetzt! Dass er ein Prophet war stand außer Frage. Seine Zeichen und Wunder in dieser Intensität und Häufigkeit noch nie dagewesen. Vielleicht der Messias? Er war anders. Seine Lehre beeindruckender, seine Wunder außergewöhnlicher, sein Charisma überzeugender als die anderen großen Rabbiner. Doch warum haben gerade die jüdischen Obersten sich so vehement für seinen Tod eingesetzt? Sie warteten auf den Messias. Sie glaubten, dass er bald kommt. Und sie kannten sich aus. Wenn jemand die Zeichen der Zeit erkennen kann – dann sie. Doch sie haben sich von ihm abgewandt und deutlich gemacht, dass diesem Treiben ein Ende gesetzt werden müsste. Hatten sie doch Recht die Obersten? Sie hatten schon immer Zweifel an der Betrachtung der Obersten. Doch wenn er der Messias gewesen wäre, hätte er sich doch gewehrt, seine Anhänger mobilisiert ihm zu helfen. Doch er hat alles über sich ergehen lassen. Sie verstanden ihn nicht mehr. So kannten sie ihn nicht. Und nun die Berichte der Frauen vom Grab. Der Stein weg, kein Leichnam mehr, der Engel … Wie sollten sie das einordnen? Was auch immer hier abgeht – mysteriös, unfassbar, nicht einordbar.
Und nun gesellt sich ein Fremder zu ihnen. Aller Voraussicht ein Pilger auf dem Nachhauseweg. Nichts Ungewöhnliches – man schloss sich gerne einer Wandergruppe an. Es war Jesus. Wer er wirklich war erkannten sie nicht. Warum? Sie konnten ihn eben nicht identifizieren. Vielleicht sah Jesus anders aus. Sie ließen sich nicht von ihm abhalten und diskutieren weiter. Und Jesus? Er läuft mit ihnen. Er geht mit ihnen den Weg nach Emmaus. Jesus wird zum Mitläufer. Gemeinsam gingen sie die Zeit mit Jesus durch, alles was sie mit ihm erlebt haben. Sie diskutieren, ja stritten sogar, warfen sich die Argumente hin und her, als sich der Fremde zu Wort meldet. „Entschuldigung, aber von was reden ihr?“ Entsetzt bleiben sie stehen. Wie, was, wo – was geht hier ab? Er hat noch nichts davon gehört? Das ging doch gar nicht! Ganz Jerusalem beschäftigte seit ein paar Tagen nur dieses eine Thema. Gut, Unwissende gibt es immer. Und sie berichten ihm alles. Und dann kommt diese seltsame Antwort. Ja es ist wohl eher eine kritische Anmerkung oder gar Bewertung: O ihr Unverständigen und im Herzen zu träge. Was bedeutet es den im Herzen träge zu sein? Es geht erstmal um das Herz. Ihr Herz ist langsam und schwerfällig. Mußte nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit hineingehen? Musste es nicht genauso kommen? Jesus stellt die Sicht / das Denken / die Vorstellungen der Jünger in Frage. Für sie machte das alles keinen Sinn. Schon gar nicht konnten sie darin etwas Gutes sehen oder den Plan Gottes? Wir können es ihnen nicht verübeln. Und Jesus? Was macht der Mitläufer? Anstatt die Krise zu schieben erklärt er ihnen alles und zwar von Anfang an. Mose – die ganzen Propheten – die komplette Geschichte Israels. Er wollte ihnen zeigen, warum alles so kommen musste. Jesus hat Geduld und Verständnis für sie. Er geht auf ihre Fragen und Zweifel ein. Er geht auf ihre Enttäuschung ein. Sie fühlen sich getäuscht. Vielleicht hast du gerade auch Zweifel und offene Fragen.
Und dann kommen sie zu Hause an und laden den Begleiter / Mitläufer ein. Ein tolles Beispiel orientalischer Gastfreundschaft. Und sie stärken sich bei einem Essen. Und dabei erkennen sie plötzlich, dass ihr Begleiter Jesus höchstpersönlich ist. Und sie sprachen zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, wie er auf dem Weg zu uns redete und wie er uns die Schriften öffnete?
Kennst du Situation wie die der Emmaus-Jünger? Zeiten des Zweifelns und der Unsicherheit? DIe Botschaft hier ist, dass Jesus auch in diesen Zeiten bei uns ist und sich erkenntlich machen will. Und wenn du dann zurückblickst kannst du erkennen: es brannte mein Herz. Kennst du dieses Gefühl? Das Herz brennt. Das ist natürlich nicht wörtlich gemeint. Es geht dabei um eine Situation, ein Erlebnis, eine Begegnung die dein Herz verändert. Du bist Feuer und Flamme. Dieser Jesus will dein Herz berühren. Er will es zum Brennen bringen. Eine Berührung von diesem Jesus kann alles verändern. Die Worte Jesus lösten etwas Positives bei den Jüngern aus. Neue Hoffnung, neue Perspektive, neue Freude, neuer Glaube, neues Vertraut-sein. Und das kann dieser Jesus auch bei dir tun.
Ich sage dir es gibt Phasen in deinem Leben wo du voll begeistert bist von diesem Jesus. Und es können Phasen kommen wo dieses Gefühl weggeht. Wo du plötzlich Zweifel bekommst. Wo du irgendwie Gott nicht verstehst. Wo du es vielleicht langweilig oder komisch findest. Und viele wenden sich dann ab und denken: auch ist doch egal, es geht auch ohne Gott. Viele geben zu schnell auf. Ich bitte dich tue das nicht. Weil Jesus da ist. Und es ist gut, dass du enttäuscht wirst. Es zeigt, dass dein Denken nicht ganz gestimmt hat. Gott will das korrigieren. Und am Ende wirst du Gott dankbar sein. Ich bin durch Täler in meinem Leben gegangen und mein Bild von Gott hat sich verändert. Aber ich kann immer noch sagen: da ist ein brennen. Und das wünsche ich dir so sehr.
Um 63 v. Chr. erlebt Rom einen Skandal. Bei Gaius Rabirius einem altehrwürdigen Senator und Bankier sind landesverräterische Beziehungen entdeckt worden. Er hat Spionage betrieben für die Karthager. Und in Rom kommt es zur öffentlichen Gerichtverhandlung. Es sah nicht gut für ihn aus, denn auf Landesverrat stand die Todesstrafe. Allerdings konnte Gaius Cicero als Anwalt gewinnen und dieser hatten damals schon einen guten Ruf. Doch die Aufgabe war nicht einfach, denn der Caesar persönlich hatte der Ankläger und er verlangte von vorn herein die Todesstrafe per Kreuzigung. Das allein ist schon außergewöhnlich, denn einem römischen Staatsbürger stand es zu im Falle einer Verurteilung mit dem Tod die Methode frei zu wählen. Den Tod per Kreuzigung hatte noch nie ein Römer gewählt. Es war eine brutale Methode von der die Folterknechte sagten, dass man die Seele tröpfchenweise herauspresst. Denn trotz rasender Schmerzen stirbt man erst nach langer Zeit. Cicero also verteidigte Gaius mit folgenden berühmten Worten: „Wenn uns schon der Tod angedroht wird, dann wollen wir Römer in Freiheit sterben. Schon das Wort Kreuz soll ferne bleiben nicht nur dem Leibe der römischen Bürger, sondern auch ihrem Gedanken, ihrem Auge, ihrem Ohr. Denn so etwas Schändliches ist einem römischen Bürger unwürdig.“ Im Prinzip sagt er: Eine Kreuzigung entspricht nicht unserem Niveau. Wir sind keine Barbaren. Eine Kreuzigung passt nicht zu uns. Sie unser nicht würdig. Diese Worte haben Eindruck auf das Gericht gemacht. Und es ist Cicero tatsächlich gefolgt. Gaius wurde verurteilt, aber nicht gekreuzigt, sondern verbannt. Eine schwere Niederlage für den Caesar. Und bei dieser Gelegenheit hat das Gericht ein Grundsatzurteil gesprochen, dass kein römischer Staatsbürger mehr gekreuzigt werden darf. Das galt nun aber nur für die Bürger, die das römische Bürgerrecht besaßen. Die anderen Bürger durften selbstverständlich weiterhin gekreuzigt werden und wurden es auch zu 1000enden.
Jesus wurde etwa 30 n. Chr. vor den Toren Jerusalems von der damaligen Weltmacht Rom auf einem kahlen Hügel, der die Form eines Schädels hatte, gekreuzigt. Er wurde von Männern aus dem Hohen Rat, der obersten Behörde der Selbstverwaltung, also Menschen aus seinem eigenen Volk, bei den Römern angezeigt. Sie haben die Anklage ausgearbeitet und vorgetragen. Und die Römer haben die Kreuzigung schliesslich ausgeführt. Jesus ist tot. Der einzig gute Mensch stirbt. Das Kreuz wird zur Niederlage. Doch dann kommt es zur grossen Überraschung. Diese Kreuzigung soll nun Teil der guten Nachricht sein? Wie bizarr! Der Mann der gross angekündigt hat, dass er die Gute Nachricht bringt, wird auf die schändlichste und brutalste Art und Weise hingerichtet. In der Folgezeit nennt Paulus das Evangelium u.a. als Wort vom Kreuz. Die ersten Christen treffen sich zum Herrenmahl und erinnern an diesen brutalen Mord und alle die dazugehören wollen müssen sich in den Tod taufen – sich mit diesem Tod identifizieren. Und dass eine Kreuzigung zentral für eine Religion ist – darauf ist noch keiner gekommen. Und dass die Anhänger dieses Idols diesen Tod sogar noch beschreiben und weitererzählen anstatt ihn zu vertuschen ist unfassbar.
Was soll nun dieser Tod? Dazu kann viel gesagt werden. Ich will mal einen Aspekt aufgreifen. Im Tod Jesu steckt das größtmögliche Versprechen. Und das größte Versprechen, dass Gott uns gibt ist: Liebe. Jesus selbst sagt: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde (Joh 15,13).“ Und er zeigt das ganz praktisch. Jesu Liebe kennt keine Grenzen. Er fragt nicht erst ob ihm seine Liebe etwas bringt. Er fragt nicht erst ob das nicht die Gefahr der Enttäuschung mich sich bringt. Er liebt nicht erst, wenn es ihm etwas bringt. Er liebt einfach. Er verschenkt seine Liebe. Und seine Liebe macht vor der Tod nicht halt. Er geht in den Tod für uns. Er liebt sogar seine Feinde. Das ist das exakte Gegenteil von bewerten. Wir lieben meist aufgrund von vorheriger Bewertung. Das Evangelium durchbricht aber das Gesetz des Beurteilens. Der Gegensatz dazu ist die raumschaffende Botschaft der Liebe, die Jesus am Kreuz in Vollendung demonstriert. Das Evangelium ist ein Versprechen, eine unverhoffte Zusage – über Bitten und Verstehen. Die Liebe des Vaters hat eine ganz andere Qualität. Es ist die größte Liebe. Er liebt nicht weil es ihm etwas bringt. Er liebt uns mit der Qualität der Feindesliebe. Und in diesem Liebesakt steckt der grösste Sieg. „Sein Ende“ war in Wirklichkeit seine Krönung. In der „Niederlage“ erweist sich Jesus als der eigentliche Gewinner. Am Kreuz wurden letztlich nicht nur er, sondern auch die Schuldscheine von uns Menschen mithingenagelt. Der Ankläger seiner Hauptbelastung entzogen. Deshalb sagt Paulus: „Er hat den Schuldschein gegen uns gelöscht, den in Satzungen bestehenden, der gegen uns war, und ihn auch aus unserer Mitte fortgeschafft, indem er ihn ans Kreuz nagelte; er hat die Gewalten und die Mächte völlig entwaffnet und sie öffentlich zur Schau gestellt. In ihm hat er den Triumph über sie gehalten (Kol 2,14-15).“ Jesus ist Sieger. Die Liebe siegt. Das Kreuz siegt die Liebe. In deinem Gott kannst du jemand begegnen der dich liebt und annimmt wie du bist. Gott steht zu dir mit der Qualität der Feindesliebe. Das ist das Ende der Angst. Und so können wir proklamieren: Wo ist solch ein Gott?