9. November 1989: An diesem Tag findet in Deutschland der Kalte Krieg ohne einen einzigen Schuss sein definitives Ende. Der Eiserne Vorhang, der die Welt geteilt und Berlin mit einer Mauer getrennt hatte, hebt sich. Die Grenze zwischen Ost und West gehört der Geschichte an.
20 Jahre später: Voller Dankbarkeit wollen wir auf die Ereignisse von damals zurückblicken, aber wir wollen uns nicht untätig zurücklehnen. Ost und West sind auf der Landkarte geeint, doch in den Herzen sind wir weit davon entfernt. Die Wiedervereinigung vollzog sich in rasendem Tempo. Die meisten Deutschen hat dies völlig überfordert, viele sind übergangen worden und fühlen sich als Verlierer, doch andere haben die Einheit als Chance wahrgenommen und genießen nun die Freiheit. Wie steht es mit der Aufarbeitung dieser 40jährigen Episode deutscher Geschichte? Hier sehen wir noch viel Nachholbedarf.

Fotograf: Frederik Ramm – http://www.remote.org/frederik/culture/berlin
Die Zahl 40 steht in meinen Augen für eine Buß-, Bewährungs- und Offenbarungsfrist: 40 Tage hatte Ninive Zeit, um umzukehren und Buße zu tun (Jona 3); 40 Jahre musste sich das Volk Israel in der Wüste bewähren, ehe es in das neue Land durfte (2Mo 16,35); 40 Tage verbrachte Mose auf dem Berg Sinai und empfing dort die 10 Gebote (2Mo 24,18) und 40 Tage wirkte Jesus zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung auf der Erde und lehrte die Jünger (Apg 1,3).
Vor 20 Jahren hat Gott unser Land verändert und uns in eine neue Ära geführt. 20 Jahre stehen symbolisch für die Halbzeit. Was hat sich getan? Was muss noch geschehen?
Gott hat mir die Ost-West-Thematik aufs Herz gelegt. 2009/2010 steht für mich im Zeichen von 20 Jahren Mauerfall. Gott hat mich gerufen, meinen Fokus im Gebet darauf zu richten. Als gebürtiger Westdeutscher, der vor fast acht Jahren nach Ostdeutschland gezogen, bin ich mit der Thematik konfrontiert. Mein Bild von Ostdeutschland und den dort lebenden Menschen hat sich über die Jahre verändert. Wir sind ein Volk, auch wenn wir verschieden sind. Es gibt nicht den starken Westen und den schwachen Osten. Wenn wir zusammen die Geschichte anschauen und aufarbeiten werden wir uns mehr verstehen lernen und uns gegenseitig befruchten. Es gibt viel zu entdecken und die nächsten Monate Zeit sind eine große Chance dafür, auch für das Evangelium.
In diesem Zuge habe ich mich auch mit der Rolle der Kirche während der Friedlichen Revolution beschäftigt. „Das Licht kam aus der Kirche“heißt es treffend. In den Kirchen trafen sich über Jahren Menschen zu Gebet. Später gingen sie mit Lichtern auf die Straßen und forderten „keine Gewalt“. Das hat mich bewegt. Wie in den Kirchen gebetet und Lichter angezündet wurden, so will auch ich an Plätzen der ehemaligen Grenze für Frieden beten, für das Wunder der Friedlichen Revolution danken und bitten, dass die Revolution weiter geht (in Anlehnung an die Rede von Werner Schulz im Leipziger Gewandhaus).
Gemeinsam mit ein paar Mitstreitern werde ich mich auf den Weg machen, um vom 5.11-10.11 die ehemalige innerdeutsche Grenze mit dem Auto abzufahren. Dabei geht es nicht einfach um eine Stritztour, es soll eine bewusste Zeit des Gebets, des Hinhörens und Miterlebens sein. Ich glaube, dass Gott dieses Projekt segnen wird. An den Originalschauplätzen zu stehen entwickelt eine ungleich größere Kraft, als von zu Hause aus zu beten. Wir werden in der Nikolaikirche in Leipzig starten, die als Stadt eine bedeutende Rolle spielte. Enden wird unser Trip in Berlin, wo wir in die Feierlichkeiten des 9. November, mit einem großen „Fest der Freiheit“ zu beiden Seiten des Brandenburger Tores, eintauchen werden. Höhepunkt dieses Events bildet die spektakuläre multimediale Inszenierung des symbolischen Falls der Mauer durch einen „Dominoeffekt“. Tausende Jugendliche werden sich im Vorfeld mit den historischen Hintergründen beschäftigen und überdimensionierte Steinmodelle bemalen, die sie an diesem Tag gemeinsam mit prominenten Künstlern, Kulturschaffenden und Politikern zum Einstürzen bringen.
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