Der Sabbat / Ruhetag

Ich habe mich in den letzten Monaten intensiv mit dem Thema des Sabbats / Ruhetags beschäftigt. Daraus ist eine 5teilige Predigtserie entstanden. Sie setzt sich mit der biblischen Sicht auf den Sabbat und unserer Gesellschaft auseinander und sucht nach Wegen in unserer Zeit dem Sabbat Gewicht zu geben. Im Ruhetag sehe ich Gottes Weisheit für uns. Sie trifft auf eine starke Sehnsucht nach Ruhe, Langsamkeit, Einfachheit & Präsenz. Wer den Ruhetag bewusst praktiziert, so glaube ich, kann darin Gottes Wesen erkennen und Gott finden.

“Manche Dinge kann Gott uns nur in die Seele legen, wenn wir die Arbeit aus der Hand legen und zur Ruhe kommen.”

Pete Scazzero

Der Aufbau der Predigtreihe sieht folgendermassen aus:

  1. Die Predigt über den Sabbat als Rhythmus nimmt Bezug auf die Begründung für das Halten des Sabbats in den 10 Geboten.
  2. Die Predigt über den Sabbat als Schatz stellt den Sabbat als zentrale geistliche Übung, als Form des Widerstands und als Ort der Gottesoffenbarung vor.
  3. Die Predigt über den Sabbat als Weisheit thematisiert vier Kennzeichen des Sabbats: aufhören, ausruhen, sich freuen, Gott anbeten.
  4. Die Predigt über die Freude des Sabbats richtet den Blick auf Jesus und seine Auseinandersetzungen mit den Gelehrten seiner Zeit.
  5. Die Predigt über die Praxis des Sabbats zeigt Wege auf, wie der Ruhetage ganz praktisch umgesetzt werden kann.

Warum «ticken» Menschen so verschieden?

Die Basismentalitäten prämodern, modern, postmodern haben ihre Bedeutung für die Gemeindearbeit.

Vor kurzem Vater geworden, mache ich mir Gedanken, in welche Welt hinein unser Kind geboren ist. Unweigerlich vergleiche ich sie mit der Welt meiner Geburt und der meiner Eltern und Grosseltern. Rasante Veränderungen! Die Welt ist ein Dorf geworden, stark vernetzt und hochtechnologisiert. Wir leben in einer Multioptionsgesellschaft. Das prägt unser Denken. Aber nicht alle kommen gleich mit und wollen mit der Zeit denken.

Heinzpeter Hempelmann beschreibt in seinem gleichnamigen Buch drei in unserer Gesellschaft vorkommende Basismentalitäten: prämodern, modern und postmodern. Die Begriffe sind weder wertend noch klar abgrenzend. Sie sollen helfen, den Anderen besser zu verstehen, uns quasi einen «Reim» auf ihn zu machen.

Drei Blickrichtungen

  • Die prämoderne Mentalität ist vor allem traditionsbewusst. Das Frühere ist das Ursprüngliche und damit das Unverfälschte, Richtige und Gute. Der Blick ist in die Vergangenheit gerichtet mit einem Hang zum Absoluten.
  • Die moderne Mentalität ist die Haltung der kritischen Rationalität. Die gegenwärtigen Verhältnisse werden logisch analysiert, um sie zu verbessern.
  • Die postmoderne Mentalität ist bunt, vielfältig und pluralistisch. Jeder darf und soll auf seine Weise glücklich werden, ohne jemandem zu schaden. Um das zu erreichen, denkt er konsequent relativistisch und gibt verbindliche Sicherheiten auf.

Wenden wir die drei Mentalitäten auf das Verständnis von Kirche und Gemeinde an. Für den prämodern denkenden Menschen ist Kirche Heimat und gibt Sicherheit. In ihr wird die unveränderliche Wahrheit bewahrt und nicht dem Zeitgeist unterworfen. Der liturgische Gottesdienst hat sich bewährt und soll bleiben. Es muss darin nicht alles verstanden werden, denn der heilige Gott soll ein Geheimnis bleiben. Viel wichtiger ist, dass die unveränderbare Herrlichkeit Gottes würdevoll gefeiert wird. Dafür zu sorgen hat die Pfarrperson, der Vertrauen zu schenken ist.

Mit der Zeit gehen

Für den modern denkenden Menschen ist Kirche dagegen ein Ort, für den er sich bewusst entschieden hat. Von ihr erwartet er einen ansprechenden, frischen Gottesdienst, die Möglichkeit von interessenabhängiger Mitarbeit und gesellschaftliches Engagement. Dabei muss Kirche «mit der Zeit gehen» und neue Elemente und Formate in das Bewährte einbauen. Die Pfarrperson ist Impulsgeber und steht auf derselben Ebene wie die Gemeindemitglieder.

Beständig ist der Wandel

Für den postmodern denkenden Menschen ist das einzig Beständige der Wandel. Wechselnde Orte, an denen er sich wohlfühlt, sind ihm Kirche. Das kann gerne eine alte Kathedrale sein, aber auch ein Wohnzimmer oder eine Kneipe. Kirche ist für ihn Kirche, wenn sie sich seiner Lebenslage anpasst. Gottesdienst ist dann spannend, wenn er darin vorkommt, einbezogen wird und der Ablauf Optionen bietet. Postmoderne wollen nicht einfach eine halbe Stunde einer Pfarrperson zuhören, sondern sehen ihn als Moderator, der den Dialog leitet und sinnlich erlebbare Handlungen durchführt.

Wie gehen wir nun mit diesen Unterschieden um? Wir sollten anerkennen, dass keine dieser drei Mentalitäten die allein wahre ist. Sie transportieren alle etwas vom Evangelium. Sie sind alle begrenzt, aber begrenzt berechtigt. Daher sollten wir andere Mentalitäten nicht ausgrenzen, sondern versuchen, von ihnen zu lernen. Sie können uns einen neuen Zugang zu Kirche schenken und den eigenen Horizont erweitern.

Dieser Artikel wurde in der Ausgabe 6/2019 von Wort+Wärch abgedruckt.

Lektionen aus Ruanda

Ich verfolge mit großem Interesse den Lausanne Kongress in Kapstadt. Dank moderner Technik (Internet) können Referate zeitnah gelesen und Streams angeschaut werden. In einem Referat berichtet Antoine Rutayisire aus Ruanda, der Mitglied der Komission Nationale Einheit und Versöhnung ist, davon, dass sich vor dem Krieg etwa 90% als Christen verstanden. Es gab postive geistliche Entwicklungen im Land mit Einfluss auf die Nachbarländer. Daher muss die Frage gestellt werden: Wie konnte es unter diesen Umständen 1994 zum Genozid kommen? Auch wenn viele sog. Namenschristen waren, war doch ein großer Prozentsatz Kirchgänger. Was lief also falsch unter den Christen/ in den Kirchen? Rutayisire sieht vier Gründe:

1. Fehlende Kontextualisierung des Evangeliums

Die Missionare missachteten die Sorgen und Nöte der Bevölkerung. Sie stießen auf eine Nation die von den Kolonalisten in drei Gruppen (Hutus, Tutsis und Twas) eingeteilt wurde. Diese Gruppen waren mehr soziale Klassen als ethische Gruppen. Die Macht lag in den Händen der Tutsis. Die Missionare / Verantwortlichen in den Kirchen machten nicht auf diese sozialen Ungerechtigkeiten aufmerksam und konfrontierten die Regierenden nicht, sondern arrangierten sich mit den örtlichen Verhältnissen.

2. Die Vermittlung der Bibel war auf den Intellekt fokussiert

Die Missionare richteten den Fokus in der Vermittlung auf die rechte Lehre anstatt auf das rechte Tun. Sie lehrten die Menschen Bibelverse, Dogmen und Lehrsätze anstatt ihnen konkrete Hilfestellungen für den Alltag zu geben. Ihre Lehre hatte wenig Bezug zu den alltäglichen Sorgen der Menschen. Als dann die Unruhe kamen hatten die Christen wenig Handlungsstategien. Deshalb handelten sie, wie es ihre Väter sie gelehrt hatten.

3. Die Kirche war ein schlechtes Vorbild

Die Missionare selbst waren kein gutes Vorbild, gerade auch im Bezug auf Beziehungen. Unter ihnen gab es Trennungen, Spaltungen und klare denominationelle Grenzen. Dies schuf Abneigungen und die Menschen sahen das Christentum mehr als etwas Trennendes als etwas Vereinendes, ebens als einen weiteren kolonialistischen Import der Trennung schafft.

4. Eine zu enge Verbindung von Kirche und Politik

Die Kirchen, allen voran die Römisch-katholische Kirche arbeiten eng mit den politischen Führungskräften zusammen und beeinflussten ihre Entscheidungen. Das hinderte sie daran einen kritischen Abstand zur Politik zu bekommen und folglich wagten sie nicht mehr die Politik zu kritisieren.

Heute bezeichnen sich in Ruanda wieder 95% als Christen. Doch hat sich was geändert? Antoine Rutayisire sieht Fortschritte. Doch zu wenige predigen Versöhnung und arbeiten darafhn, dass echte Veränderung eintrifft.