Ich habe mich in den letzten Monaten intensiv mit dem Thema des Sabbats / Ruhetags beschäftigt. Daraus ist eine 5teilige Predigtserie entstanden. Sie setzt sich mit der biblischen Sicht auf den Sabbat und unserer Gesellschaft auseinander und sucht nach Wegen in unserer Zeit dem Sabbat Gewicht zu geben. Im Ruhetag sehe ich Gottes Weisheit für uns. Sie trifft auf eine starke Sehnsucht nach Ruhe, Langsamkeit, Einfachheit & Präsenz. Wer den Ruhetag bewusst praktiziert, so glaube ich, kann darin Gottes Wesen erkennen und Gott finden.
“Manche Dinge kann Gott uns nur in die Seele legen, wenn wir die Arbeit aus der Hand legen und zur Ruhe kommen.”
Pete Scazzero
Der Aufbau der Predigtreihe sieht folgendermassen aus:
Die Predigt über den Sabbat als Rhythmus nimmt Bezug auf die Begründung für das Halten des Sabbats in den 10 Geboten.
Die Predigt über den Sabbat als Schatz stellt den Sabbat als zentrale geistliche Übung, als Form des Widerstands und als Ort der Gottesoffenbarung vor.
Die Predigt über den Sabbat als Weisheit thematisiert vier Kennzeichen des Sabbats: aufhören, ausruhen, sich freuen, Gott anbeten.
Die Predigt über die Freude des Sabbats richtet den Blick auf Jesus und seine Auseinandersetzungen mit den Gelehrten seiner Zeit.
Die Predigt über die Praxis des Sabbats zeigt Wege auf, wie der Ruhetage ganz praktisch umgesetzt werden kann.
Seit fast 90 Jahren gibt es die Tradition der Jahreslosung. Die sogenannte “Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen” wählt jedes Jahr eine Losung aus allen Vorschlägen aus, welche die Mitglieder abgegeben haben. Es ist also keine Aus-Losung im eigentlichen Sinne mehr, sondern ein Auswählen. Die Jahreslosung soll helfen die Bibel zu lesen, mehr über die Bibel zu erfahren und Mut machen. Für 2021 wurde ein Jesus-Wort ausgelost. Jesus Christus spricht: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist (Lk 6,36).“
Gott hat einen Namen
In der Jahreslosung geht es um Gottes Wesen. Wie ist Gott? – Jesu Antwort ist barmherzig. Wenn wir in die Bibel schauen, dann ist Barmherzigkeit eines der Eigenschaften die am häufigsten auf Gott bezogen wird. Wieder und wieder wird diskutiert was es bedeutet, dass Gott barmherzig ist.
Gehen wir in den ersten Teil der Bibel. Die Bibel berichtet wie das Volk Israel durch Gottes Eingreifen aus der Sklaverei in Ägypten befreit wird. Sie befinden sich als freie Menschen in der Wüste. Dort begegnet ihnen Gott. Er ruft den israelischen Führer Mose auf den Berg Sinai zu kommen. Als Mose auf dem Berg geht, kommt Gott in einer Wolke herunter und geht so an Mose vorbei und stellt sich ihm vor: »Ich bin der HERR! ‘Ich bin da’ ist mein Name! Ich bin ein Gott voll Liebe und Erbarmen. Ich habe Geduld, meine Güte und Treue sind grenzenlos. Ich erweise Güte über Tausende von Generationen hin, ich vergebe Schuld, Verfehlung und Auflehnung; aber ich lasse auch nicht alles ungestraft hingehen. Wenn sich jemand gegen mich wendet, dann bestrafe ich dafür noch seine Kinder und Enkel bis in die dritte und vierte Generation (2Mose 34,6-7).« Gott stellt sich vor als ein Gott voll Liebe und Erbarmen. Anstatt Liebe könnte auch mit Barmherzigkeit übersetzt werden, denn das benützte hebräische Wort ist das Äquivalent zu dem griechischen Ausdruck in dem was Jesus über Gott sagt d. h. Jesus gebraucht viele Jahre später dasselbe Wort wie Gott als er sich Mose in der Wolke vorstellt. Gott stellt sich als barmherzig und gnädig vor. Das nennt er nicht ohne Grund zuerst. Am Anfang führt er die dominanten Eigenschaften auf. Die beiden Eigenschaften hängen zusammen. Das hebräische Wort für Barmherzigkeit hat ihre Wurzel vom Mutterleib oder der Gebärmutter. Die Idee dahinter ist das Gefühl einer Mutter für ihr frischgeborenes Baby zu beschreiben. Es geht um die Beziehung einer schwangeren Frau, die sie zu ihrem ungeborenen Baby aufbaut und um das Gefühl, dass sie hat wenn sie ihr Kind nach dem sie es unter Schmerzen geboren hat zum ersten Mal in ihren Armen hält. Wer Mütter kennt, der weiss, das ist ein unglaubliches, überwältigendes Gefühl des Glücks ist. Gott wird hier mit dem Gefühlsleben einer jungen Mutter verglichen. Barmherzigkeit ist ein Gefühlswort. Gnädig ist mehr eine Aktionsbegriff im Sinne von Gnade zeigen und gnädig sein. Es wird gebraucht, wenn jemand einem zur Hilfe eilt. Es beschreibt die rettende, helfende Aktion. Das Gefühl der Barmherzigkeit löst das gnädige Handeln aus.
Die zwei Prostituierten
In der Bibel gibt es ein paar konkrete Beispiele für die hier gemeinte Mutterliebe. Eines davon spielt sich ab als Salomo König von Israel war. In dieser Funktion war er auch eine Art Richter. Eines Tages bringen sie zwei Frauen zu ihm, die sich um ein Kleinkind stritten. Beide behaupteten, dass es ihr Kind sei. Die eine Frau hatte kurz zuvor durch einen tragischen Zwischenfall ihr eigenes Kind verloren und behauptete nun die Mutter des noch lebenden Kindes zu sein. DNA-Tests gab es noch nicht, die die wahre Mutterschaft bestätigt hätte. Doch Salomo fällt eine clevere Idee ein: „Er befahl weiter: »Zerschneidet das lebende Kind in zwei Teile und gebt die eine Hälfte der einen, die andere Hälfte der andern!« (1Kön 3,25)“ Seine Idee zeigt die erhoffte Wirkung: „Da rief die Frau, der das lebende Kind gehörte – denn die Mutterliebe regte sich mächtig in ihr: »Ach, mein Herr und König! Gebt es der andern, aber lasst es leben!« Die andere aber sagte: »Weder dir noch mir soll es gehören! Zerschneidet es nur!« (1Kön 3,26)“ Als Salomo den Auftrag gab das Kind zu halbieren, regte sich in der wahren Mutter ihre Muttergefühle. Sie ist von tiefen Mitleid gepackt. Ihr sitzt der Schock in den Gliedern. Ihre Gefühlswelt ist tief getroffen. Sie muss etwas tun. Ihre Liebe für ihr Kind machte sie zur Kämpferin für ihr Kind. Ihre Liebe für ihr Kind brachte sie sogar soweit, dass sie bereit ist es herzugeben, wenn es nur überlebt. Die andere Frau war mit dem Vorschlag von Salomo einverstanden. Durch die Reaktion identifizierte Salomo die wahre Mutter. Er gab ihr ihr Kind zurück.
Diese wahre Begebenheit verdeutlicht das Wesen Gottes und Handeln uns Menschen gegenüber. Wie diese Mutter ihr Kind liebte und sich dafür einsetzte, dass ihm nichts zustösst, so fühlt auch Gott gegenüber dir. Wenn jemand versucht dich grundlos zu verurteilen oder dir Schaden zufügen will, dann melden sich die Barmherzigkeitsgefühle von Gott. Gott hat diese Gefühle dir gegenüber. Und diese Gefühle lösen sein gnädiges Handeln aus. Es bleibt nicht beim herzzerreisenden Gefühl, sondern mündet in die helfende Tat. So ist Gott. Barmherzig und gnädig. Mitfühlende und helfend. Er liebt unerwartet. Wenn wir uns an Gott wenden, dann wenden wir uns an einen Gott der mitfühlt und sich um uns kümmert. Und wir kommen vor einen Gott der handelt und sich um unsere Situation kümmert.
Nachahmer Gottes
Kommen wir zu Jesus. Viele Jahre nach der Gottesbegegnung von Mose lehrt Jesus die Menschen über Gott. Seine bekannteste Rede ist die sogenannte Bergpredigt. Sie steht im Matthäusevangelium. Im Lukasevangelium steht eine ähnliche, wenn auch deutlich kürzere Version davon bzw. es wird ein anderer Anlass gewesen sein. Dort heisst sie die Feldrede. In dieser Feldrede spricht Jesus über seinen Vater und spielt auf die Gottesbegegnung von Mose am Berg Sinai an: „Werdet barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist! Verurteilt nicht andere, dann wird Gott auch euch nicht verurteilen. Sitzt über niemand zu Gericht, dann wird Gott auch über euch nicht zu Gericht sitzen. Verzeiht, dann wird Gott euch verzeihen. Schenkt, dann wird Gott euch schenken; ja, er wird euch so überreich beschenken, dass ihr gar nicht alles fassen könnt. Darum gebraucht anderen gegenüber ein reichliches Maß; denn Gott wird bei euch dasselbe Maß verwenden (Lk 6,36-38).“ Gott ist barmherzig. Gott hat sich nicht geändert. Sein Wesen ist und bleibt Barmherzigkeit. Wir vertrauen einem Gotte dessen Gefühle von Barmherzigkeit geleitet sind. Er handelt uns gegenüber barmherzig. Das ist eine gute Nachricht. Doch dabei belässt es Jesus nicht. Er bringt Gottes Wesen mit unserem Wesen in Verbindung. Wir sollen Gott nachahmen und deshalb wie er vom Wesen her barmherzig sein. Gott will, dass wir ihm nachfolgen und nachahmen. Die Bibel nennt dies einen Jünger von Jesus zu sein. Ein Jünger lernt aktiv von Jesus und zwar in allen Bereichen des Lebens. Er grenzt bestimmte Aspekte des Lebens nicht aus. Ein Jünger beschäftigt sich immer und immer wieder mit zwei Schlüsselfragen:
(1) Was sagt Jesus?
(2) Was bedeutet das für mich konkret?
Wenden wir das auf die Jahreslosung an. Jesus sagt, dass Gott barmherzig ist und wir auch barmherzig werden sollen. Barmherzigkeit ist was Gott ist und daher soll auch den Jünger Barmherzigkeit ausmachen. Barmherzigkeit ist was Gott ausmacht und daher soll auch in der Gemeinschaft der Christen Barmherzigkeit zu finden sein.
Gezeichnet von Barmherzigkeit
Jesus erwartet von uns Christen, dass wir gekennzeichnet sind durch Barmherzigkeit. Er gibt uns die Aufgabe Gottes barmherzige Art hier auf Erde weiterzuführen und täglich zu demonstrieren. Barmherzigkeit ist der Kern unserer Identität und Mission als Christen. Barmherzigkeit ist nicht einfach ein Wert den wir auch praktizieren, sondern den wir Tag für Tag neu wählen. Wir sehen und begegnen Menschen und Situation durch den Blick eines barmherzigen Menschen.
Wie zeigt sich Barmherzigkeit? Es gibt keine Liste und darum geht es auch nicht. Barmherzigkeit ist eine Herzenshaltung, die wir in den Widrigkeiten dieser Welt versuchen zu zeigen. Jesus selbst gibt im Kontext der Feldrede ein paar treffende Beispiele. Barmherzigkeit verurteilt nicht (Lk 6,37). Barmherzigkeit verzeiht (Lk 6,37). Barmherzigkeit ist grosszügig (Lk 6,38). Barmherzigkeit liebt überraschend und unerwartet. Indem wir Jesus nachahmen und gezeichnet von Barmherzigkeit sind stellen wir Barmherzigkeit über Verurteilung, Vergebung über Hartherzigkeit und Rechthaberei, Offenheit über Ausschluss, Grosszügigkeit über Eifersucht, Annahme und Verständnis über Gemeinheit.
Wir leben in einer ichbezogenen Kultur. Menschen sind gemein zu einander. Menschen verurteilen sich, grenzen aus, mobben und haben recht. Als Christen sollen wir uns nicht von dieser Kultur prägen lassen. Wir sollen Gottes Wesen nachnahmen und überstömende, ungezähmte, unverschämte Barmherzigkeit leben.
Schlussgedanke
Lasst uns erinnern was Jakobus, der Bruder von Jesus, sagte: „Wer selbst kein Erbarmen gehabt hat, über den wird auch Gott erbarmungslos Gericht halten. Wenn aber jemand barmherzig war, dann gilt: Das Erbarmen triumphiert über das Gericht (Jak 2,13).“ Erbarmen triumphiert über Verurteilung! Wir sollten uns das in unsere Seele schreiben. Der Weg Jesus triumphiert! Barmherzigkeit triumphiert und nicht Eifersucht, Rechthaberei, Ichbezogenheit, Gemeinheit. Vielleicht wirst du mir jetzt sagen: “Martin, aber schau noch mal in die Welt. Die Realität sieht anders aus.” Ich weiss. Ich weiss. Barmherzigkeit ist vielerorts eine Schwäche. Wer nachsichtig ist verliert. Doch wenn wir die Welt durch Jesu Augen betrachten, dann triumphiert Barmherzigkeit über Verurteilung. Und jedes Mal, wenn wir selbst erbarmen zeigen anstatt aus Gemeinheit zu reagieren triumphieren wir mit. Deshalb …
wenn du jemanden beschuldigen könntest … sei barmherzig.
wenn du jemanden beschämen könntest … sei barmherzig.
wenn du jemanden kritisieren könntest … sei barmherzig.
wenn du jemanden verurteilen könntest … sei barmherzig.
wenn du mit Jemanden eine Meinungsverschiedenheit hast … sei barmherzig.
wenn du mit Sicherheit im Recht bist … sei barmherzig.
wenn du dich rächen könntest … sei barmherzig.
Beten wir: “Herr erbarme dich meiner” und du wirst sehen wie der Gott der Barmherzigkeit dir Barmherzigkeit schenkt und du wie eine Mutter die um ihr Kind kämpft dich für andere einsetzt – trotz allem. Barmherzigkeit triumphiert in den Gottes Augen immer. Lasst uns dieses Jahr viele Barmherzigkeits-Siege einfahren in dem Wissen, dass Gott uns hilft barmherzig zu werden. Deshalb lasst uns beten: “Herr erbarme dich meiner.”
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Aufzählung am Ende ist eine freie Übertragung von mir aus Brian Zahnds Artikel: Mercy in a mean time.
Bild von mir aufgenommen in der Kirche des Kloster Fahr
Die Himmelfahrt Jesu bzw. Christ Himmelfahrt ist wahrscheinlich der am meisten übersehene Tag im christlichen Kalender. Er ist bei uns sogar noch ein Feiertag, doch schon längst in der Bedeutung zum Vatertag umgewandelt. In der westlichen Welt sind Weihnachten und Ostern sehr präsent, wenn auch stark kommerzialisiert. Karfreitag und Pfingsten sind noch bedeutende christliche Festtage, die auch in den christlichen Gemeinden gefeiert werden. Doch Christi Himmelfahrt ist fast ganz verlorenen gegangen. Warum? – vielleicht weil wir die Bedeutung von der Himmelfahrt Jesu verloren haben. Das ist bitter, denn ohne die Himmelfahrt Jesu sind das Evangelium und die Geschichte von Jesus unvollständig. Die Geschichte von Jesus ist: Inkarnation, Verkündigung und Errichtung des Reiches Gottes, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt. Wenn wir also die Himmelfahrt weglassen, übersehen wir das Ende. Die Geschichte von Jesus endet eben nicht mit der Auferstehung, sondern geht weiter mit der Himmelfahrt. Ohne die Himmelfahrt ist die Auferstehung unvollständig. Es würde den Sieg über den Tod demonstrieren, ohne die Erhöhung von Jesus zu implizieren. Das Ereignis der Himmelfahrt hat daher eine zentrale theologische Bedeutung.
Christ Himmelfahrt kommt 40 Tage nach Ostern. Das Kirchenjahr ist eingeführt worden um die Geschichte des Evangeliums von Advent bis Pfingsten zu erzählen. Dass Christi Himmelfahrt weitestgehend übersehen wird hängt vielleicht an dem Ereignis an sich. Es war ein komischer, abgefahrener Vorgang durch den Jesus nach seiner Auferstehung in den Himmel geholt wurde. Plötzlich war Jesus weg und liess verdutzte Jünger zurück! Dort im Himmel hält er ich mit Gott sich auf bis er denn wiederkommt.
Doch Christ Himmelfahrt handelt nicht vor der Abwesenheit Jesu, sondern von der Herrschaft Jesu. Die Aufnahme Jesu in den Himmel, wo er zur Rechten Gottes Platz genommen hat, ist sein Aufstieg, seine Beförderung, seine Wahl in eine Position, die ihm alle Autorität über den Himmel und die Erde gibt. Der Platz zur Rechten Gottes ist ein poetisches Bild mit dem ausgesagt wird, dass Gott jetzt Jesus alle Autorität im Himmel und auf Erden gegeben hat. Die Himmelfahrt führt nicht zur Abwesenheit Gottes, sondern zu seiner globalen, kosmischen Präsenz. Deshalb sagt der auferstandene Christus zu seinen Jüngern: Ich bin bei euch bis an die Enden der Erde (Mt 28,20). Es gibt keinen Ort auf der Erde an dem Jesus nicht ist und es gibt keine Macht, über die er nicht Herr ist.
Das bedeutet im Kern die Himmelfahrt Jesu. Doch das ist nicht das Verständnis viele Christen. Und das hat einen Einfluss auf ihre Theologie. Wenn wir nämlich die Geschichte Jesu schliessen indem wir sagen: und Jesus ging in den Himmel (deshalb ist er nicht mehr hier auf der Erde), aber irgendwann wird er wieder zurückkommen und dann seine Herrschaft aufrichten … dann spüren wir eine grössere Freiheit die Welt zu gestalten nach unseren Vorstellungen, weil Jesus abwesend ist. Diese Sicht degradiert Jesus vom ewigen Herrn der Welt, der zur Rechten Gottes sitzt und dem alle Macht und Autorität gegeben wurde, zu einem gekrönten Herrscher im Exil. Wir sehen Jesus dann nicht als einen der aktuell regiert und der seine Herrschaft angetreten ist und wir diese repräsentieren. Wir brauchen dann andere Herrscher. Doch die Himmelfahrt bedeutet nicht die Abwesenheit Gottes, sondern die Erhöhung! Jesus ist Herr. Jetzt. Nicht Jesus, der gerne Herr wäre. Nicht Jesus, der irgendwann Herr sein wird, sondern König Jesus und Herr der Herren jetzt und hier!
Die Könige dieser Welt bzw. die Regierungen dieser Erde sollten Jesus und seine Gebote nicht einfach ignorieren. Die Regierungen dieser Erde sollten sich vielmehr unter die Herrschaft Jesu stellen. Die Rolle der Kirche ist es ein prophetisches Zeugnis der Herrschaft Jesu zu sein, der mit Liebe, Frieden, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit regiert. Die Kirche fordert die Könige der Welt auf gemäss der Wege und Gesetze Jesu zu regieren. Sie sollen die Armen und Schwachen schützen. Die Kirche darf sich nicht von den Regierungen missbrauchen lassen oder sich ihnen unterwerfen, damit sie im Gegenzug etwas von ihnen bekommt. Nein, sie bezeugen Jesus Christus als Herrn der Herren. Damit sie das kann, muss sie zuerst der Überzeugung sein, dass Jesus der Herr der Welt ist im hier und jetzt. Davon gingen die ersten Christen aus. Sie lassen Psalm 2,10-12 als Bild für Jesus:
Darum nehmt Vernunft an, ihr Könige;
lasst euch warnen, ihr Mächtigen der Erde!
Unterwerft euch dem Herrn,
zittert vor ihm und jubelt ihm zu!
Huldigt seinem Sohn!
Sonst wird er unwillig
und es ist um euch geschehen;
denn sein Zorn ist schnell entflammt.
Wohl allen, die bei ihm Schutz suchen!
Und im apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen wir:
aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes,des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Wenn wir davon sprechen, dass Jesus wiederkommen wird, dann sollten wir nicht denken, dass Jesus seinen Aufenthaltsort wechselt, sondern dass er erscheint. Wenn Jesus wiederkommt (griech. Parousia), wird der Vorhang gelüftet und was schon immer Realität war, wird offenbart werden. Es ist der Zeitpunkt des Gerichtes; der Zeitpunkt, wenn offenbart wird wie wir unter der Herrschaft Jesu gelebt haben. Die Wiederkunft Jesu ist nicht der Beginn der Herrschaft Gottes, sondern der Zeitpunkt des Gerichts. Es wird beurteilt wie treu wir dem König Jesus gedient und gehorcht haben.
Professor Einstein stellte einst einem Geistlichen (Kardinal Faulhaber) die Frage: „Was würden sie tun, wenn Ihnen die Mathematik bewiese, dass Ihr Glaube falsch sei?“
Der Geistliche (Kardinal) antwortete: „Herr Professor, ich würde geduldig warten, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben.“ Der Glaube lässt sich nicht errechnen, noch durch die Wissenschaft widerlegen, denn die Wissenschaft oder generell menschliches Denken ist immer eingeschränkt. Auf der anderen Seite lässt sich Glaube aber auch nicht beweisen, sonst wäre es nicht mehr Glaube. Das Wesen des Glaubens liegt gerade darin begründet, dass ich auf etwas vertraue, was nicht greifbar ist. Die Bibel berichtet von Menschen die auf ihre Weise vertrauten. Und das wünscht Gott sich auch für uns. Er sucht Menschen mit einem unerschütterlichen Glauben, der allen Widerwärtigkeiten entgegen ihm volles Vertrauen schenkt – leidenschaftlicher Glaube. Unsere Geschichte erzählt von solch einem Menschen.
Lukas 7,1-10:
1 Das Volk hörte allem zu, was Jesus sagte. Als er seine Rede beendet hatte, ging er nach Kafarnaum.
2 Der Hauptmann ´einer dort stationierten Einheit` hatte einen Diener, den er sehr schätzte; dieser war schwer krank und lag im Sterben.
3 Als der Hauptmann von Jesus hörte, schickte er einige Älteste der jüdischen Gemeinde zu ihm; sie sollten ihn bitten, zu kommen und seinem Diener das Leben zu retten.
4 Die Männer gingen zu Jesus und baten ihn inständig, mit ihnen zu kommen. »Er ist es wert, dass du ihm diese Bitte erfüllst«, sagten sie.
5 »Er liebt unser Volk und hat uns sogar die Synagoge gebaut.«
6 Jesus machte sich mit ihnen auf den Weg. Doch als er nicht mehr weit vom Haus des Hauptmanns entfernt war, schickte dieser ihm einige Freunde entgegen und ließ ihm ausrichten: »Herr, bemühe dich nicht! Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst.
7 Deshalb hielt ich mich auch nicht für würdig, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund.
8 Ich bin ja selbst dem Befehl eines anderen unterstellt und habe meinerseits Soldaten unter mir. Wenn ich zu einem von ihnen sage: ›Geh!‹, dann geht er, und wenn ich zu einem sage: ›Komm!‹, dann kommt er; und wenn ich zu meinem Diener sage: ›Tu das und das!‹, dann tut er es.«
9 Jesus staunte über den Mann, als er das hörte. Er wandte sich um und sagte zu der Menge, die ihm folgte: »Ich versichere euch: Solch einen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden.«
10 Als die Männer, die der Hauptmann geschickt hatte, zu ihm zurückkamen, stellten sie fest, dass der Diener wieder gesund war.
Die Geschichte spielt in Kapernaum, das am See Genezareth liegt. Kapernaum war eine Grenzstadt und durch die Grenzsituation bedingt, war dort eine römische Einheit stationiert. Die Grenzen mussten gesichert sein und für Ruhe und Ordnung gesorgt werden. In Kapernaum verbrachte Jesus einige Zeit und vollbrachte schon zahlreiche Wunder wie Krankenheilungen, Dämonenaustreibungen und sogar eine Totenauferweckung. Die Menschen in Kapernaum kannten Jesus. Sie haben ihn erlebt oder kannten jemand, der etwas mit ihm erlebt hat. Die Basis von leidenschaftlichem Glauben ist eine Beziehung – unsere Beziehung zu Gott. Damit unser Glauben leidenschaftlicher wird oder leidenschaftlich bleibt müssen wir Jesus kennen und immer wieder Erfahrungen machen, denn unser Glaube ist nicht abstrakt, sondern persönlich.
Jesus kommt also nach Kapernaum. Da bekam auch der dort ansässige römische Hauptmann mit. Er befand sich in grosser Not, denn einer seiner Knechte, der ihm sehr wertvoll war, lang im Sterben. Solche Situation gibt es im Leben – Situation, die man keinem wünscht. Wir sind alle mit Krankheit, Schmerzen, Hass und leider immer wieder auch mit dem Tod konfrontiert. Das ist die Wirklichkeit unseres Lebens. Es macht es schwer. Mit Jesus zu leben heisst nicht von allem Elend von Krankheit und von Unfällen usw. verschont zu werden. Gott ist nicht in erster Linie für ein problemloses und unkompliziertes Leben verantwortlich. Das Entscheidende am Glauben an Jesus ist, dass wir durch Ihn für alle Zeit erlöst sind. Die Gefahr besteht darin, in solchen Lebensabschnitten an der Liebe und Grösse Gottes zu zweifeln. Oder sich gar von Jesus abzuwenden, wenn die Vorteile, die man sich für dieses Leben erhoffte, nicht eintreffen. Es gilt gerade auch in solchen schweren Phasen Gott zu vertrauen. Das ist nicht immer einfach. Doch darauf steht eine grosse Belohnung. Wir brauchen einen Glauben, der solche Phasen durchsteht. Leidenschaftlicher Glaube hält stand. Er ist ein Allwetterglauben. Jemand sagte mir mal: „Das Leben ist kein Wirrpool“. Der Glaube auch nicht. Aber der Glaube bringt eine wundervolle Belohnung – die Ewigkeit. .
Der Hauptmann lässt nach Jesus fragen. Jesus nimmt seine Bitte ernst und lässt sich zu seinem Haus führen. Dem Hauptmann wurde gemeldet, dass sich Jesus seinem Haus nähert, diesmal sendet er seine Freunde zu Jesus und liess ihm sagen: »Herr, bemühe dich nicht! Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Deshalb hielt ich mich auch nicht für würdig, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund.« Der Hauptman sagte das weil er nicht wollte, dass sich Jesus in den Augen der Juden verunreinigt. Ein Jude durfte das Haus eines Heiden nämlich nicht betreten. Sein Anliegen war einzig, seinen geliebten Knechten zurückzugewinnen. Dafür verlangte er nicht von Jesus kulturelle Grenzen zu überschreiten. Er war der Überzeugung, Jesus müsse nur ein Wort sprechen, so wäre sein Knecht wieder gesund. Er begründet diese Meinung mit einer Beobachtung: »Ich bin ja selbst dem Befehl eines anderen unterstellt und habe meinerseits Soldaten unter mir. Wenn ich zu einem von ihnen sage: ›Geh!‹, dann geht er, und wenn ich zu einem sage: ›Komm!‹, dann kommt er; und wenn ich zu meinem Diener sage: ›Tu das und das!‹, dann tut er es.« Er ist ein Mensch dem Macht gegeben ist von der Obrigkeit. Diese erlaubt ihm seinen Untergebenen Befehle zu erteilen, und sie werden von ihnen befolgt. Gleiches gilt für Jesus. Ihm ist Macht gegeben und diese Macht führt er aus. Jesus selbst ist seinem Vater unterstellt. Er handelt nach seinem Willen, weil er weiss das dies das Beste ist – für ihn und sein Umfeld. Das ist Hingabe. Das ist ein Leben im Vertrauen auf Gott. Leidenschaftlicher Glaube gibt sich hin. Daher wenn wir von leidenschaftlichem Glauben sprechen dann denken wir daran sein Leben Gott zur Verfügung zu stellen. Leidenschaftlicher Glaube folgt Jesus nach und nicht den eigenen Wünschen.
Jesus ist völlig erstaunt über den Glauben des Hauptmanns. Er dreht sich um, zu der Volksmenge, die ihm folgte, und er sagte ihnen: »Ich versichere euch: Solch einen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden.« Bei keinem Juden hat Jesus solchen Glauben gefunden. Freude und Interesse an Wundern begegnete ihm überall. Aber solchen Glauben fand er bis jetzt noch nicht. Der Glaube bestand ja darin, dass der Hauptmann Jesus erkannte und anerkannte als Sohn Gottes als Schöpfer des Himmels und der Erde, dem eben die Macht gegeben ist, auch über Kranke ein Wort zu sprechen und sie sind gesund. Und tatsächlich, als die Boten zurück in das Haus des Hauptmanns kamen, fanden sie den Knecht gesund. Für uns stellt sich die Frage: Findet Jesus bei uns diesen Glauben, der ihm vertraut, der weiss, dass Gott kein Ding unmöglich ist? Oder gehen wir vielmehr von unserem Denken, von unseren Möglichkeiten aus? Entscheiden nicht allzu oft wir, was Gott möglich ist und was nicht? Wir müssen lernen Gott zu vertrauen. Wir müssen wissen Gott ist kein Ding unmöglich, aber er muss uns nicht jeden persönlichen Wunsch erfüllen, denn Gott ist nicht da, um uns ein angenehmes Leben auf dieser Erde zu verschaffen, sondern wir sind da, um Gott zu dienen, mit allem was uns anvertraut ist. So sieht leidenschaftlicher Glaube aus.
Das ist der vierte Teil meiner Serie über die Geschichte vom verlorenen Sohn. Ich gehe darin besonders auf die kulturellen Hindergründe und den Kontext der Geschichte ein. Im ersten Teil ging es um die Vorgeschichte. Im zweiten und drittenTeil gehe ich auf die zwei Geschichten ein, die Jesus unmittelbar vor der Geschichte des verloren Sohnes erzählt und mit dieser verknüpft ist.
Die dritte Geschichte
11 Er sprach aber: Ein Mensch hatte zwei Söhne;
Mit diesem einleitenden Satz beginnt Jesus die dritte Geschichte und kommt damit zum Höhepunkt. Im ersten Satz nennt er alle drei Beteiligten: der Vater, Sohn 1 und Sohn 2. Traditionel lwird vom Gleichnis vom verlorenen Sohn gesprochen. Doch damit wird man der Geschichte nicht gerecht, schließlich geht es um zwei Söhne. Deshalb würde ich lieber vom Gleichnis der zwei Söhne sprechen. In der Geschichte stehen die Beziehungen der drei Beteiligten im Mittelpunkt. Daher müssen wir sie genau anschauen, um am Ende zu verstehen warum jeder handelt wie er handelt.
12 und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Vater, gib mir den Teil des Vermögens, der mir zufällt! Und er teilte ihnen die Habe.
Der jüngere Sohn wendet sich mit einer gelinde gesagt unverschämten Forderung an den Vater. Eine solche Bitte bedeutete nicht anderes, dass der jüngere Sohn ungeduldig auf den Tod seines Vaters wartete. Am liebsten wäre ihm gewesen, wenn er schon tot wäre, denn dann hätte sich sein Anliegen schon lange erfüllt. Das Vermögen des Vaters wird normalerweise erst an seinem Lebensende aufgeteilt (vgl. 1Mo 25,5-8 und 1Mo 48-49). Es war aber auch möglich, dass der Vater das Erbe vor seinem Tod aufteilte. Dafür gab es spezielle juristische Bestimmungen. Der Erbe/die Erben erhielten dann das gesetzliche Eigentumsrecht. Allerdings noch nicht das Verkaufsrecht. Der Besitz gehörte ihnen dann zwar schon, aber er wurde immer noch vom Vater verwaltet. Daher sagt der Vater am Ende der Geschichte auch zu seinem älteren Sohn: „Alles was mein ist, ist auch dein.“ Dem älteren Sohn gehörte rechtlich alles was auch dem Vater gehörte. Streng genommen war es sein Eigentum. Wobei der Vater immer noch das Recht hatte das Eigentum seines Sohnes zu gebrauchen und z. B. ein Kalb für eine Party zu schlachten. Der jüngere Sohn fragte seinen Vater nach dem Eigentums- und Verkaufsrecht und bekommt es tatsächlich. Beide Verhalten sind in dieser Kultur ungeheuerlich. Ein absolutes No-Go! Niemals würde ein Sohn auf die Idee kommen seinen Vater nach dem Erbe zu fragen und wenn er es tatsächlich macht, würde der Vater es ihm nie geben. Beide Verhalten lösten bei den Zuhöreren Fassungslosigkeit aus. Wie kann ein Sohn nur auf die Idee kommen seinem Vater eine solche Frage zu stellen? Wie kann der Vater diese Ungeheuerlichkeit dulden und dem Sohn sein Vermögen geben?
„Und er teilte ihnen die Habe.“ Im Zuge der Bitte des jüngeren Sohnes klärt der Vater alle Erbangelegenheiten. Nicht nur der jüngere Sohn bekommt seinen Anteil auch der ältere Sohn bekommt sein Erbe. Allerdings fordert dieser nicht das Verkaufsrecht.
Schauen wir uns die drei beteiligten Personen gleich mal näher an:
Der jüngere Sohn
1. Die Bitte zeigt seine Auflehnung gegen seinen Vater. Er will, dass er nicht mehr existiert. Wie er befindet sich auch die Menschheit in einer Art Auflehnung gegen Gott. Sünde will letztlich den Tod des Vaters/Schöpfers.
2. Er denkt egoistisch. Es geht ihm nur um sich. Er will weg, er will das Geld, basta. Wie er damit seinen Vater verletzt und seine Familie bloß stellt spielt für ihn keine Rolle.
3. Prinzipiell war es möglich seinen Erbanteil vor dem Tod seines Vaters zu bekommen. Der Anteil des jüngeren Sohnes betrug ein Drittel (vgl. 2 Mo 21,17). Es wird nicht gesagt, dass der Sohn den Tod seines Vaters abwarten muss. Der Sohn hat kein Gesetz übertreten, wohl aber die kulturelle Einstellung und, und das ist das entscheidende, die Beziehung zum Vater zerstört.
4. Durch die Erbauszahlung ist die gesamte Großfamilie betroffen. Der Reichtum der Großfamilie, den alle zusammen durch harte Arbeit erwirtschaftet haben, bestand aus Land, Vieh und Häusern und war nicht wie heute in Aktien und anderen Geldanlagen angelegt. Ein Drittel dieses Vermögen auf einmal zu verlieren war ein großer Verlust, der alle traf. Dem jüngeren Sohn waren diese Konsequenzen bewusst, aber er nahm darauf keine Rücksicht.
5. Es ist keine Dankbarkeit für das ungewöhnliche Entgegenkommen des Vaters zu spüren.
6. Er übernimmt keine Verantwortung für sein Erbteil. Wer sein Erbe annimmt, nimmt damit auch seine verantwortliche Position in der Großfamilie an. Er hat die Pflicht die Familie zu versorgen, den Reichtum zu vermehren und die Ehre der Familie zu verteidigen. Außerdem muss er die Familie bei Festivitäten würdig vertreten. Der Sohn macht genau das Gegenteil! Er verkauft alles und haut ab. Er nimmt seine Privilegien in Anspruch ohne die Verantwortung zu übernehmen.
7. Er trennt sich von seiner Familie und damit von seinen Wurzeln. Die Familie hatte damals eine sehr viel wichtigere Bedeutung als in unserer individualisierten Gesellschaft. Die Sicherheit eines Menschen lag in seiner Familie. Familie bedeutete für einen Menschen soziale Versicherung, Altersversorgung, Schutz und seelisches Wohlbefinden. Ebenso trennt er sich von seinem Dorf und damit seiner Heimat. Alles das wirft er weg und zieht als Vagabund von dannen. Ein Vagabund genießt wenig Vertrauen in der Bevölkerung. Oder jemanden als Vagabunden oder als jemand ohne Wurzeln zu bezeichnen ist eine große Beleidigung. Übertragen gesehen bietet auch die Familie Gottes jedem Mitglied dieselbe Sicherheit wie die Großfamilie der damaligen Zeit.
8. Er weigert sich, seinen Erbteil mit dem Vater gemeinsam zu besitzen (Eigentumsrecht). Er will allein über das Geld verfügen (Kaufrecht). Er will seinen Teil unabhängig von seinem Vater verwalten.
9. Er ist voll verantwortlich. Er hat diese Entscheidung ganz bewusst getroffen. Das Schaf (erste Geschichte) konnte sich aufgrund seines schlechteren Orientierungssinns verlaufen und die Münze (zweite Geschichte) ist ein lebloser Gegenstand, aber für den Sohn gelten diese Gründe nicht.
Der ältere Sohn
1. Er hat mich Sicherheit alles mitbekommen. In der dörflichen Struktur des Nahen Osten bekommt jeder alles mit. Auch die Details wird er gewusst haben.
2. Er mischt sich nicht in den Konflikt seines Vaters mit seinem Bruder ein. Bei einem Streit gibt es immer die Möglichkeit der Klärung und Versöhnung. In dieser schamorientierten Kultur werden die beiden direkt betroffenen Parteien sich nie allein versöhnen, denn das würde zu einem Gesichtsverlust führen. Man kann nicht voreinander zugeben einen Fehler gemacht zu haben. Deshalb braucht es einen Vermittler (Mediator). Der Mediator pendelt zwischen beiden Seiten, redet mit ihnen und verhandelt eine Lösung, die beide akzeptieren können. Es darf dabei keine Verlierer oder Gewinner geben. Auf diese Weise findet Konfliktlösung in dieser Kultur statt. Vom älteren Bruder würde unausgesprochen erwartet zwischen seinem Vater und seinem Bruder zu vermitteln. Er wäre der perfekte Mediator gewesen, der von beiden akzeptiert worden wäre. Doch er weigert sich diese Rolle einzunehmen. Somit übernimmt er an dieser Stelle keine Verantwortung für die Gemeinschaft. Es zeigt sich, dass auch seine Beziehung zum Vater gestört ist.
3. Seine Verweigerung kann darauf hindeuten, dass es um die Beziehung der Geschwister auch nicht gut bestellt war. Er wird froh gewesen sein, dass sein kleiner Bruder endlich die Fliege macht. Er wäre dann mit ein Grund, warum der Jüngere die Familie verlassen hat. Im Osten wird das Alter geehrt. Der Ältere hatte aufgrund seines Alters besondere Privilegien. Die führten zu Arroganz. Vielleicht hat das mit dazu beigetragen, dass die Brüderbeziehung schon vor dem von Jesus geschilderten Vorfall angespannt war.
4. Er hat seinen Bruder nicht vom Gehen abgehalten. Er hat ihn nicht versucht vom Bleiben zu überzeugen und ihn vor den Gefahren einer Reise gewarnt. Nichts dergleichen ist zu lesen.
Der Vater
Die Reaktion des Vaters ist völlig überraschend. Anstatt Verweigerung und Strafe gibt er seinem Sohn um was er bittet. Wohl wissend was die Bitte bedeutet, lässt er seinem Sohn seinen Willen. Und er bricht die Beziehung nicht ganz ab. Keine Reaktion deutet darauf hin, dass der Sohn für ihn damit gestorben ist. Gott ist nicht wie ein orientalischer Patriarch. Trotz der Schande, die ihm sein Sohn bereitet, bricht er nicht mit ihm.
Was kostet das BibelTraining? Teilnehmer, Besucher bzw. Gasthörer bezahlen wie üblich 45.-€ pro Unterrichtstag.
Ab wann kann ich mich anmelden? Dies ist möglich, sobald der erste Flyer verfügbar ist, der auch als Anmeldeformular gilt. Das wird ca. im Oktober 2010 der Fall sein. Wer auf die Warteliste möchte, schreibe einfach eine E-Mail an BibelTraining@Leiterschaft.de
Wir Menschen sind ziemlich schnell und gut im Kritik äußern, vor allem wenn es um andere geht. Selbstkritik üben oder sich gar von anderen kritiseren zu lassen fällt uns dagegen schwer, obwohl es uns, wenn die Kritik ernst und aus lauteren Motiven kommt, gut tun würde. Besonders Menschen die polarisieren und kräftig austeilen sehen sich Kritik ausgesetzt. Zurecht?
Auch die Bibel mit ihren Anspruch Gottes Wort zu sein, ist von vielen Seiten Kritik ausgesetzt. Man mag es ja verstehen, wenn Menschen, die nicht an Gott glauben, ihre Mühe mit der Bibel haben, doch wenn selbst weite Teile von Bibelforschern Kritik zu einem Prinzip der Bibelauslegunng macht, dann geht das am Selbstanspruch der Bibel vorbei. Ich halte es da eher mit Klaus Berger:
„Nicht wir kritisieren den Text und rücken ihn für unsere Bedürfnisse zurecht, der Text kritisiert uns.“ Klaus Berger, Jesus, S.14.