Nach dem Frühstück in unserer Unterkunft, die fast alle meine Kliechees über „DDR-Unterkünfte“ erfüllte, begaben wir uns auf einen Spaziergang durch das Dorf Rüterberg. Wir sind positiv erstaut über diesen Ort. Die Backsteinhäuser sind eigentlich alle renoviert und geben den Eindruck, dass hier eher wohlhabende Menschen leben. Uns gefällt dieser nordische Stil, den wir überhaupt nicht gewohnt sind.

(Blick von Rüterberg auf die Elbe)
Für Rüterberg ist heute ein besonderer Tag. Heute (8.11.09) vor 20 Jahren haben die Einwohner die als Protest gegen die Isolierung und jahrelange Demütugung durch die DDR die Dorfrepublik Rüterberg ausgerufen. Als Vorbild dienten die Schweizer Urkantone. Vaterder Initiative war der Schneidermeister Hans Rasenberger, der sich bereits Jahre zuvor mit der Geschichte der Schweiz und den dortigen Dorfgemeinschaften beschäftigte. Als er 1988 Verwandte in der BRD besuchen durfte, kostete er die Reisefreiheit zwischen der BRD, der Schweiz und Frankreich aus und hörte bei den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag der Schweiz den Rütlischwur. Auf einer Versammlung legte Rasenberger ein sorgfältig vorbereitetes Dokument vor, in dem es darum ging, sich in einer Dorfrepublik fortan die eigenen Gesetze zu schaffen und sich nicht länger von der DDR-Führung bevormunden zu lassen. Die Bewohner beschlossen einstimmig die Einrichtung der Dorfrepublik. Bereits einen Tag später fiel die Berliner Mauer und Rüterberg war zwei Tage später frei zugänglich. Wir sehen einen ehemaligen Grenzturm und gehen an die Elbe. Von einem neu angelegten Aussichtsturm überblicken wir die Elbe, die sich hier um Rüterberg schlingelt. Leider ist das Wetter, wie kaum anders zu erwarten, nicht das Beste. Nebelverhangen schauen wir Angler bei ihrer Tätigkeit zu und freuen uns, dass sie das jetzt hier dürfen. Am Mahnmal, einem kleinen Stück Zaun, versuchen wir uns ein Bild von dem früheren Dorf zu machen. Wie viele versuchten hier in den Westen zu fliehen? Wie viele Tote gab es hier? Wie ging es den Menschen mit der ständigen Bewachung? Alles Fragen, auf die wir zwar keine Antworten finden, doch wir bekommen mehr und mehr ein Gespür für das Leben im Grenzgebiet.

(Nördlichster Punkt der ehemaligen Grenze. Der Steg markiert den Gernzverlauf)
Nachdem wir in Rüterberg die Einkesselung auf der Ostseite sahen durften wird uns in Priwall ein Bild von der Einengung für Westbürger ansehen. Auf dem Weg zum nördlichsten Punkt der innerdeutschen Grenze fahren wir durch Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Die Gegend ist dünnbesiedelt und karg. Feld an Feld reiht sich hier, nur unterbrochen von Straßen und kleinen Dörfern. Wobei die Dörfer hier so klein sind, dass man schon kam mehr von einem Dorf sprechen kann. Ich bewundere die Menschen dir ihr leben, einer Gegend Deutschlands, die ich kaum kenne und die mir fremd ist. Wir erreichen die Halbinsel Priwall, die nur über eine Straße zu erreichen ist, die von der Ostseite her kommt. Zu DDR-Zeiten war Priwall, dass zu Travemünde gehört, nicht mit dem Auto zu erreichen, sondern nur mit der Fähre. Wir setzen uns in ein kleines Restaurant und essen leckeren Fisch. Danach laufen wir zur Ostsee und freuen uns das Meer zu sehen. Hier auf Priwall deutet aber auch gar nichts mehr auf den ehemaligen Grenzverlauf hin. Nur einen Stein mit einer Aufschrift sollten wir finden. Erst auf Nachfragen bei Einheimischen finden wir die Grenze. Wenn sie uns nicht den Weg gezeigt hätte, hätten wir keine Chance gehabt unser Ziel zu finden. Das irritiert uns. Wir wünschen uns, dass hier an dieser besonderen Stelle unserer Geschichte eine angemessenes Hinweisschild gibt. Rauer Wind weht hier an der Ostsee. Über 1400km war die Grenze lang und erst jetzt kann ich diese Dimension einschätzen. Ich will nicht wissen, wie viel Energie und Ressourcen dieses Monstrum gefressen hat. Erschütternd zu sehen, zu was unser Volk fähig war. Froh die Grenze noch gefunden zu haben machen wir uns auf den Weg nach Berlin. Kontrastprogramm pur: von den einsamen Weiten des Nordostens in unsere Berliner Wohnung direkt am Kurfürstendamm. Morgen werden wir die Teilung Berlins erkunden und an den offiziellen Feierlichkeiten zum 9.11. am Pariser Platz teilnehmen.
Wie es uns auf dem fünften Tag unserer Tour erging und was wir in Berlin erlebt haben, erfahrt iht hier.