Einstieg
Vielleicht ein etwas ungewöhnlicher Post für diesen Blog, dafür hoffentlich amüsant. Wir wollten Silvester im Ausland feiern und dazu noch an einem Ort, der nicht gerade dafür bekannt ist. Sprich: eine etwas verrückte Aktion auf dir wir von allen, denen wir es vorher erzählten, nur eine Reaktion erwarteten: Warum ausgerechnet dorthin? Unsere Wahl fiel nach langen Diskussionen auf Belgien, genauer gesagt Lüttich oder Liege. „Warum Lüttich?“, war dann auch durchgehend, wie erhofft, die Reaktion derer, die davon erfuhren. Und unsere Antwort darauf war schlicht: Genau darum! Weil „man“ das nicht erwartet.
So fuhren wir am 31.12 mit dem Auto 500 km, um in ein Land einzutauchen, dass wir nicht kannten. Ehrlich gesagt bereiteten wir uns so gut wie gar nicht vor. Gerade auch deshalb erlebten wir was wir erlebten. Kurz vor der Abfahrt wurde mir bewusst, dass in Lüttich Franzöisch gesprochen wird, einer Sprache die wir alle nicht mächtig waren. Das wurde dann auch gleich bei unserer Hinfahrt lustig, als wir nach dem Weg zur Jugendherberge fragen mussten. Das Navigationsgerät reichte nur bis zur deutschen Grenze und mit den Beschreibungen von google maps kommt man bei Dunkelheit in Lüttich nicht so weit. Mit Pardon, merci und bonjour und verständnisvollen, ortskundigen Belgiern fanden wir überraschend schnell unser Ziel: die Jugendherberge Georges Simenon. Die Jugendherberge überraschte uns schon kurz nachdem wir sie einige Wochen zuvor gebucht hatten. Wir bekamen eine Mail mit den Hinweis, dass uns die Übernachtung 2 € günstiger kommt und wir zusätzlich ein Neujahrsbrunch (bis 13 Uhr) bekommen. Wo gibt es denn noch so was? – In Belgien. Und die Überraschung ging gleich weiter. Die Jugendherberge ist ein altes, umgebautes Kloster. In der Mitte ein schöner Garten, zur einen Seite eine Kirche, die Rezeption im Kreuzgang und unsere Zimmer in nachgeahmten Kloster-Zellen-Stil. Schlafen wie die Mönche.
Autofahren
Belgien ist anders, oder sollte ich sagen Deutschland ist komisch. Das fängt schon damit an, dass in Belgien die Autobahnen nachts beleuchtet sind. Ein Umstand, den wir anfangs belächelten und gleich mal fotographisch festhielten, um dann, als wir am nächsten Tag bzw. Jahr wieder in Deutschland waren, vehement die Bundesregierung auffordern wollten in Deutschland endlich unsere schöne Autobahn im strahlenden Licht leuchten zu lassen.
Ausgehen
Wie feiert der „Lütticher“ eigentlich ins neue Jahr? Wir entschieden uns auf Beobachtungstour zu begeben. Nach unserer Ankunft und einer Pause erkundeten wir die Stadt. Was ist Liege/Lüttich für eine Stadt? Schwer zu sagen, wie ich finde. Sie hat Charme, vor allem bei Nacht! Schließlich sieht man dann nicht so viel … Durch Lüttich schlängelt sich die Maas und einige Brücken verbinden die beiden Stadthälften. Tipp: Auf den Brücken nie nach unten sehen, sonst fällt nur ihr ausbesserungswürdiger Zustand auf. Die Weihnachtsdecko schmückt die Stadt. Etwas kitschig, machmal romantisch sorgt sie für Licht. Die Stadt besteht aus einem bunten Mix: Gebäude aus allen architekonischen Stilepochen, internationaler Flair durch den afrikanischen und arabischen Einfluss (man merkt, dass Beligien Kolonialmacht war), alles etwas kleiner und beschaulicher als in Deutschland und mitten drin vier deutsche Touristen.
Nach einem Rundgang folgten wir unserem Hungergefühl und suchten uns einen Italiener aus, um zu essen. Dabei durften wir gleich feststellen wie unangebracht unsere Bekleidung war. Wir waren aus kalt eingestellt und zogen uns entsprechend wärmende Kleidung an, während der Rest der Gäste, hauptsächlich junge Leute in unserem Alter, sehr schick dinierten. Die Männer in Anzug und Krawatte, die Frauen vornehmlich im eleganten Oberteil und Minirock. Daher Regel Nr.1: Wenn du zu Silvester in Lüttich ausgehen willst, solltest du dich schick anziehen!
Trinkgeld
Die Preise waren für unsere deutschen Verhältnisse im oberen Bereich. Nach dem wir gut gespeist hatten und die Rechnung bekamen stellte sich die Frage nach dem Trinkgeld. Wir hatten uns natürlich vorher nicht informiert und zahlten dafür den Preis, denn in Belgien ist das Trinkgeld im Preis inbegriffen. Wer mit dem Service zufrieden war, kann jedoch ohne weiteres ein Extra-Trinkgeld geben. Wir gingen aufgrund der Nähe zu Frankreich von den dortigen Verhältnissen aus und signalisierten unseren belgischen Italienern, dass wir mit ihrem Service außerordentlich zu frieden waren, was wir nicht unbedingt waren.
Feuerwerk
In Belgien ist es unüblich Rakenten zu zünden oder Böller knallen zu lassen. Ich hatte vorher von einem organisierten Feuerwerk gelesen auf einem Platz der irgendwas mit „St.“ anfing. Hätte ich mir nur den Rest auch gemerkt, denn in Lüttich ist so ziemlich jeder Platz nach einem Heiligen benannt! Daher musste die Strategie: „Immer der Menschenmasse nach“ greifen. Doch die Masse an Menschen (so viele waren es nicht) lief kreuz und quer. Wir mussten und für eine entscheiden und liefen ihnen mehrere Minuten hinterher um am Ende sogar am richtigen Ort herauszukommen. Pünktlich um kurz vor 24h standen wir in einem Park und hatten besten Blick auf ein organisiertes Feuerwerk. Das längste, schönste und bombastischte Feuerwek meines Lebens! Und dazu waren die Leute extrem friedlich. Keine Böller, die in die Massen geworfen wurden, keine Raketen, die kreuz und quer herumgeschoßen wurden. Alle schauten zum Himmel und erfreuten sich am Feuerwerk. So sollte Silvester sein!

Fazit: Lüttich ist eine Reise wert!