JA-Sagen zur Adventszeit

Immer wieder reden wir darüber, wie schwierig es ist, „Nein“ zu sagen. Wir beklagen uns, dass wir so viel zu tun haben, dass wir nicht wirklich Zeit haben, dass wir erschöpft sind. Wir sind zerrissen und getrieben zwischen den vielen Ansprüchen denen wir denken entsprechen zu müssen.
Und im Advent ist das womöglich besonders schlimm. Der gut bekannte Vorweihnachtsstress mit weiteren zusätzlichen Terminen, den ganzen Besorgungen, dem Druck bis zum Jahresende die von einem erwarteten oder selbstgesteckten Ziele zu erreichen . Da ist das Nein-sagen wichtig. Es geht darum Prioritäten zu setzten. Das Nein setzt ein Zeichen, es schließt etwas ab und beendet eine Sache. Damit kann es frei machen für etwas anderes. Es besteht die Chance auf einen Advent der Erwartung, der Vorbereitung und der Besinnung. Dazu will mein Adventskalender beitragen. 5 Minuten Ja-sagen zur Stille, zur Meditation und zur Besinnung. Und damit wird Ja-Sagen zu einem Rhythmus der neben Arbeit, Erledigungen und Sorgen das Aussteigen kennt.

Advent kommt vom lateinischen „Adventus Domini“ und bedeutet „Ankunft des Herrn“. Es geht also um das Kommen Jesu. Der Advent soll uns an Jesus erinnern. Vor über 2000 Jahren kam er als Mensch auf diese Erde. Das macht den christlichen Glauben weltweit einmalig. In jeder anderen Religion versuchen sich die Menschen Gott zu nähern, um ihre Erlösung zu erlangen. In Jesus begegnet uns Gott. Er nähert sich uns Menschen, damit uns seine Persönlichkeit greifbarer wird. In Jesus ist Gott nahbar. Viele kennen die Geschichte Jesu nur bruchstückhaft. Andere meinen ihn zu kennen und verlieren dabei leicht den Blick auf bestimmte kaum offensichtliche Facetten. Jesus war eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Jeder Tag meines Adventskalenders widmet sich ihm. Dabei versuche ich einige wahrscheinlich eher ungewohnte Perspektiven aus unterschiedlichen Blickwinkeln dieses bemerkenswerten Menschen zu beleuchten.
Advent heißt JA-Sagen.

Türchen 1: Jesus und die Frühaufsteher

Türchen 2: Feiert Jesus?

Türchen 3: Jesus sucht Freunde

Türchen 4: Jesus spielt Verstecken

Changing Education Paradigms

Ein spannender Vortrag von Sir Ken Robinson über das Schulsystem. Er stellt dar, dass die Wurzeln unseres Schulsystems in der Aufklärung und der Industriealisierung liegen.

Einige Gedanken daraus:

„The Arts are VICTIMS of this mentality. AESTHETIC EXPERINACE = when sences are operating at their peak. ANAESTHETIC = whe your sense is off. Deaden yourself to what is happening. We are getting our children through education by anaesthesting them. But we could do the opposite. We should be waking them up what is inside of themselves!

The education system is modeled on the intrest of industrialisation and in the image of it. But if you are interested in the model of education youdon’t start from the producation line mentality.“

Er plädiert für ein Lernsystem, dass dem divergenten Denken nahe steht. Tests  haben ergeben, dass 98 % der Kindergartenkinder stark divergent denken (abweichend, unlinear, quer). Das gegenwärtige Schulsystem nimmt ihnen diese Fähigkeit, in dem den Schülern eintrichtert, dass es nur eine Antwort gibt und die steht im Schulbuch. Seiner Ansicht nach lernt der Mensch besser in Gruppen (great learning happens in groups) und in Zusammenarbeit (collaboration is the stuff of growth).

Ein wertvoller Beitrag, gerade auch weil ich mir z.Zt. Gedanken mache wie wir gemeinsames Lernen an der Pionierakademie stärken können.

Pyramiden- oder Beziehungsbauer

Ein nachdenkenswerter Beitrag von Raineer Q. Chu auf dem dritten Kongress der Lausaaner Bewegung in Kapstadt.

God’s Global Urban Mission – Solutions | The Lausanne Global Conversation.

Ein paar Sätze von ihm (frei überstetzt): Die Pyramidenbauer lesen die Bibel „von oben nach unten.“ Sie denken Armut ist das Problem. Aber Armut ist nicht das Problem. Jesus sagt, dass die Armen gesegnet sind. Stattdessen sagt Jesus, dass die Liebe zum Reichtum das Problem ist. Es ist eine Last zu viel Geld zu haben. Das Problem ist nicht Armut, sondern Gier. Wenn man sagt, dass Armut das Problem ist, stetzt man die Armen unter Druck. Wenn man sagt, dass Gier das Problem ist, dann setzt man den Punkt an die Stellen, an die Bibel es auch tut.

Die Pyramidenbauer sagen, dass die Armen sie brauchen, doch das Gegenteil ist der Fall. In 1 Johnnes 3,17  steht „Wer aber irdischen Besitz hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?“ Wo bleibt da die Liebe? Hier geht es nicht um Errettung/Heil, sondern um konkrete Nachfolge.

Die Armen haben keine Lobby, die Reichen können sie sich leisten. Ich merke wie mir solche Stimmen aus Asien gut tun, weil sie die Sachen aus seinem ganz anderen Blickwinkel betrachten ( auch wenn es sicherlich noch Ergänzenswertes gibt wie die negative Kraft eines  „Geistes der Armut“)

Städtegebet Essen

Ich war vorgewarnt. Wie sagte doch Hagen Rether über Essen: „Wenn so Essen aussieht, wie sieht dann erst kotzen aus.“ Nicht das ich Hagen Rether glauben würde, aber Essen hat nun nicht den Ruf ein Schmuckkästchen zu sein. Als es mich vor ein paar Wochen dann in der Nähe des Ruhrgebiet verschlagen hatte, wollte ich mir die Kulturhauptstadt 2010 nicht entgehen lassen. Nun nehmen an der „RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europa“ alle Städte des Ruhrgebietes teil, also Alpen, Bergkamen, Bochum, Bönen, Bottrop, Breckerfeld, Castrop-Rauxel, Datteln, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Ennepetal, Erkenschwick, Essen, Fröndenberg, Gelsenkirchen, Gevelsberg, Gladbeck, Hagen, Haltern am See, Hamm, Hamminkeln, Hattingen, Heiligenhaus, Herdecke, Herne, Herten, Holzwickede, Hünxe, Kamen, Kamp-Lintfort, Marl, Moers, Mülheim an der Ruhr, Neukirchen-Vluyn, Oberhausen, Recklinghausen, Rheinberg, Schermbeck, Schwelm, Schwerte, Selm, Sonsbeck, Sprockhövel, Unna, Voerde, Waltrop, Werne, Wesel, Wetter, Witten, Xanten. Ich hatte also die große Auswahl bei einem einzigen zur Verfügung stehenden Tag. Ich entschied mich spontan für Essen. Warum? – Ich kann es nicht genau sagen. Irgendwie hat sie mich angezogen.

Meine erste Station in Essen war die Zeche Zollverein. Die Zeche Zollverein war ein von 1847 bis 1986 aktives Steinkohlebergwerk. Heute ist sie ein Industriedenkmal   und gehört gemeinsam mit der unmittelbar benachbarten Kokerei Zollverein zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Sonne scheint wunderschön an diesem Tag und ich sehe zum ersten Mal in meinem Leben eine Zeche. Ich laufe auf dem weiträumigen Gelände dieser Industrieruine und versuche mir den geschäftigen Betrieb vorzustellen. Über 100 Jahre arbeiteten hier tausende von Menschen und förderten Kohle. Nun ist es ruhig. Die Ressourcen der Natur sind endlich! Essen war mit einem wichtigen Rohstoff gesegnet und hat davon profitiert. Nun muss es ohne zurecht kommen. Die Zeche Zollverein ist daher ein nachdenklicher Ort.

Danach machte ich mich auf in die Innensadt. Mit einer Bekannten lief ich betend durch die Ruhr- Metropole. Fragen gingen mir durch den Kopf: Wie muss es Essen wohl nach dem Niedergang des Bergbaus ergangen sein? Viele werden sich die Frage nach der Zukunftsfähigkeit gestellt haben. Während ich noch nachdenke sehe ich auf einem großen Platz einige hundert Kinder. Essen veranstaltete an diesem Tag ein buntes Kinderfest. Luftballons steigen in den Himmel auf. Und während junge Künstler ihre Talente zeigen festigt sich in mir die Hoffnung, dass wer für Kinder da ist, Zukunft hat!

Wir laufen weiter und besichtigen ein paar Kirchen. In der evangelischen Kirche verweilen wir ein wenig. Einige Christen haben sich zum Innehalten versammelt. „Zeit des Meisters“ nennen sie ihr Treffen – ein Angebot für spirituell Kreative. Ein offener sakraler Raum mitten in der Stadt, mitten im Leben, oder auch auffindbar am Rand der Stadt. Ein Erfahrungsraum für Gebet, Meditation und Stille. Eine Kirche, eine Kapelle, die ein Dach für die Seele bietet. Ein Ort, der eine Insel der Ruhe ist. Gelegenheit, innezuhalten, nach innen zu sehen, Heiligem nachzuspüren. Einfach herrlich – die Atmosphäre!

An Hagen Rethers Witz muss ich schon lange nicht mehr denken. Ich bin überrascht von Essen. Multi-Kulti, Künstler, Bettler, spirituell Kreative, Reiche – unterschiedlichste Menschen nehme ich hier wahr und spüre, dass Essen bei allen Herausforderungen in die Zukunft blickt.

Unsere letzte Station führte mich zur Villa Hügel. Man glaubt gar nicht mehr in Essen zu sein. Mitten im Grünen ließ Alfred Krupp 1873, das heute ehemalige Wohn- und Repräsentationshaus der Industriellenfamilie Krupp errichten. Die Villa hat 269 Räume, 8100 m² Wohn- und Nutzfläche und liegt in einem 28 Hektar großen Park an einer wunderschönen Stelle. Die Bezeichnung Villa halte ich für deutlich untertrieben. Was sich hier meinen Augen zeigt ist eine Schloßanlage. Die Industriellen waren die Könige der Neuzeit und leisteten sich ähnliche Prunkbauten. Ich bin wieder mal geplättet von den gigantischen Ausmaßen eines Hauses, das für die Krupps schlicht ihre Wohnung war. Wer’s hat.

Der theologische Zugang über Geschichten

Ich habe mit großem Interesse die persönlichen Zusammenfassungen von Gofi Müller von der Internationalen Konferenz der Lausanner Bewegung in Kapstadt (Cape Town 2010), die vom 17. bis 24. Oktober 2010 stattfand, gelesen.

In seinem sechten Teil, der zugleich der Abschluss bildet, geht er auf die Spannung zwischen Theologie und Geschichten ein. Er schreibt: „Treffen der deutschen Delegation. Rolf Hilles Antwort auf die Kritik, es würde hier zu wenig ‚richtig’ (meine Bezeichnung) theologisch gearbeitet: Der theologische Zugang über Geschichten ist typisch für die Zwei-Drittel-Welt. Wir können uns angesichts der zunehmenden zahlenmäßigen Dominanz der Kirche des Südens darauf einstellen, dass das eher noch zunehmen wird.“

Hier wird scheinbar der theologische Zugang über Geschichten für den Mangel an theologischer Tiefe mitverantwortlich gemacht. Weiter schreibt er: „Was für mich auf diesem Kongress am stärksten spricht, sind die Stories, die erzählt werden, die ‚Zeugnisse’ (zB wie das Evangelium das Leben der Müllsammler in Kairo in kurzer Zeit revolutioniert hat). Könnte man das als eine Art narrative Theologie verstehen? Die deutschen Theologen sind nicht ganz glücklich darüber und bemängeln (möglicherweise zurecht) zu wenig theologisches Arbeiten in Kapstadt. Aber ich habe das Gefühl, dass gerade diese Stories ein probates Mittel sind, um die sehr tiefen kulturellen und theologischen Gräben zu überwinden.“ Hier beobachte ich, wie vielerort auch, die Diskrepanz zwischen der Kraft und der Wirkung von Geschichten einerseits und dem dadurch entstehenden gefühlten Mangel an theologischer Tiefe andererseits. Dabei ist das Verhältnis von Theologie und Geschichte(n)/Hi(Story) eng verwoben.

Gott offenbart sich in der Geschichte (history) und diese ist größtenteils in Form von Geschichten (stories) überliefert. Die Bibel ist letztlich ein Geschichtenbuch. Gott offenbart sich in seinem Tun in Raum und Zeit, wovon die Heilige Schrift zeugnishaft berichtet. Gottes Handeln in der Geschichte hat nie aufgehört. Die Kirchengeschichte dokumentiert das fortschreitende Wirken Gottes in der Geschichte. Geschichten an sich können Zeugnis ablegen und biblische Wahrheiten verdeutlichen (z. B. die Gleichnisse Jesu). Beide beschäftigen sich mit der Übermittlungsform von Erzählungen und deren Bedeutung. Geschichtserzählung (oral history) wie Geschichtsschreibung beruht auf dem Sachverhalt, des „Verstricktseins in Geschichten“. Damit ist ausgesagt, dass Weltgeschichte, die ihren Ausgangspunkt nicht in Geschichten hat, schwer vorzustellen ist.

Das zeigt, dass Theologie im Allgemeinen nicht von Geschichten getrennt werden darf, denn wie Karl Barth schreibt, ist Theologie „… Bericht von dieser Geschichte … Eben darum darf sie nicht auf Vereinigungen und Vermittlungen bedacht sein, die in jener Geschichte nun einmal nicht vorkommen. Eben darum darf sie nicht zum System entarten. Sie muss sich unter allen Umständen auf jene Geschichte beziehen und also unter allen Umständen Erzählung sein und bleiben. Sie darf um keine Vollständigkeit und Geschlossenheit, sie darf nur darum besorgt sein, alles recht zu erzählen.“ (Karl Barth, Kirchliche Dogmatik III/3, Bd. 3: Die Lehre von der Schöpfung (München: Chr. Kaiser, 1950), 334.)

Weiter empfehle ich auch noch den Post von Daniel zu „Anschauliche Geschichte.“

Lektionen aus Ruanda

Ich verfolge mit großem Interesse den Lausanne Kongress in Kapstadt. Dank moderner Technik (Internet) können Referate zeitnah gelesen und Streams angeschaut werden. In einem Referat berichtet Antoine Rutayisire aus Ruanda, der Mitglied der Komission Nationale Einheit und Versöhnung ist, davon, dass sich vor dem Krieg etwa 90% als Christen verstanden. Es gab postive geistliche Entwicklungen im Land mit Einfluss auf die Nachbarländer. Daher muss die Frage gestellt werden: Wie konnte es unter diesen Umständen 1994 zum Genozid kommen? Auch wenn viele sog. Namenschristen waren, war doch ein großer Prozentsatz Kirchgänger. Was lief also falsch unter den Christen/ in den Kirchen? Rutayisire sieht vier Gründe:

1. Fehlende Kontextualisierung des Evangeliums

Die Missionare missachteten die Sorgen und Nöte der Bevölkerung. Sie stießen auf eine Nation die von den Kolonalisten in drei Gruppen (Hutus, Tutsis und Twas) eingeteilt wurde. Diese Gruppen waren mehr soziale Klassen als ethische Gruppen. Die Macht lag in den Händen der Tutsis. Die Missionare / Verantwortlichen in den Kirchen machten nicht auf diese sozialen Ungerechtigkeiten aufmerksam und konfrontierten die Regierenden nicht, sondern arrangierten sich mit den örtlichen Verhältnissen.

2. Die Vermittlung der Bibel war auf den Intellekt fokussiert

Die Missionare richteten den Fokus in der Vermittlung auf die rechte Lehre anstatt auf das rechte Tun. Sie lehrten die Menschen Bibelverse, Dogmen und Lehrsätze anstatt ihnen konkrete Hilfestellungen für den Alltag zu geben. Ihre Lehre hatte wenig Bezug zu den alltäglichen Sorgen der Menschen. Als dann die Unruhe kamen hatten die Christen wenig Handlungsstategien. Deshalb handelten sie, wie es ihre Väter sie gelehrt hatten.

3. Die Kirche war ein schlechtes Vorbild

Die Missionare selbst waren kein gutes Vorbild, gerade auch im Bezug auf Beziehungen. Unter ihnen gab es Trennungen, Spaltungen und klare denominationelle Grenzen. Dies schuf Abneigungen und die Menschen sahen das Christentum mehr als etwas Trennendes als etwas Vereinendes, ebens als einen weiteren kolonialistischen Import der Trennung schafft.

4. Eine zu enge Verbindung von Kirche und Politik

Die Kirchen, allen voran die Römisch-katholische Kirche arbeiten eng mit den politischen Führungskräften zusammen und beeinflussten ihre Entscheidungen. Das hinderte sie daran einen kritischen Abstand zur Politik zu bekommen und folglich wagten sie nicht mehr die Politik zu kritisieren.

Heute bezeichnen sich in Ruanda wieder 95% als Christen. Doch hat sich was geändert? Antoine Rutayisire sieht Fortschritte. Doch zu wenige predigen Versöhnung und arbeiten darafhn, dass echte Veränderung eintrifft.