Manchmal bin ich gezwungen, Bücher zu lesen, deren Inhalt mich annerven und deren Gedankengängen ich nicht zustimmen kann. Doch darin bin ich gleichzeitig dankbar, denn solche Bücher erweitern meinen Horizont, sie stellen meine Meinung in Frage und geben mir mehr Verständnis für Andersdenkende.
Zur Zeit lese ich ein Buch, in dem es u.a. um Wunder geht. Da lese ich Sätze wie:
„Nach meiner Auffassung sind die neutestamentlichen Wundergeschichten Predigten, keine Augenzeugenberichte der Vorgänge beim Auftreten Jesu. Sie wollen nicht sagen, wer Jesus war, sondern wer er ist.“
„Wir haben die Geschichten dann recht verstanden, wenn sie uns für unseren gegenwärtigen Glauben zeigen, was Gott in Christus schenkt.“
„Man bekommt nach meiner Meinung eine falsche Antwort, wenn man diese Geschichten mit der Frage liest: Was ist damals, in der Zeit, aus der das Wunder erzählt wird, passiert? Man muss fragen: Was will der Erzähler mit dieser Geschichte sagen? Was hat er in seiner Situation erlebt und was erwartet er für sich, wenn er das Wunder erzählt?“
„Es gibt Geschichten, die nicht passiert sind, aber doch wahr sind (z.B. Gleichnisse Jesu, Sündenfall und Paradies, Sagen und Märchen der Weltliteratur)
Wunder sind demnach keine Ereignisse, in welchen durch direktes Eingreifen Gottes die Naturgesetze durchbrochen werden, sondern eine subjektive Erfahrung des Gläubigen. Ein Wunder wäre ein Erlebnis, dass der Gläubige als ein unerwartetes und unverdientes Eingreifen Gottes wahrnimmt, durch das sich ihm Jesus zeigt. Wunder wären keine Mitteilung von Tatsachen, sondern ein Glaubenszeugnis.
Man darf aber die Intension des Autors nicht unterschätzen. Ihm geht es um das richtige Verständnis der Bibel. Sein Anliegen ist es aufgeklärten Menschen die Botschaft Gottes nahe zu bringen. Menschen im Zeitalter der Naturwissenschaften können nicht mehr an Wunder glauben, aber das müssen sie auch nicht, denn die Wundergeschichten der Bibel müssen als Parabeln und nicht als historische Begebenheiten gedeutet werden. Hielte man dagegen an Wundern als historische Ereignisse fest, würden den Menschen der Glauben an Gott geraubt. Denn wenn Gottesglaube und Wunderglaube zusammen gehören, führt die Ablehnung von Wundern zu einer Ablehnung des Glaubens an Gott.
Ich teile das Anliegen des Autors, den Menschen Jesus nach zu bringen. Doch ich glaube, dass sein Weg in die Sackgasse führt und von Gott so nicht gedacht ist.
- Zeigt nicht die Wissenschaft je mehr sie herausfindet, dass es umso mehr Unerklärliches gibt?
- Menschen glauben heutzutage wieder an Wunder, als historische Ereignisse. Sie hindert das ausschließlich subjektive Wunderverständnis nur. Was jetzt? Wie bringen wir ihnen die Bibel nah? Doch wieder einzelne Wunder als historische Ereignisse gelten lassen? Oder die Subjektivität ausweiten?
- Die Botschaft der Bibel kann nur recht verstanden werden, wenn an Tod und Auferstehung Jesu als historisches Ereignis festgehalten wird.
- Geschichtslose Deutung führt zu geschichtslosem Glauben. Hat Gott das wirklich so gewollt?