Hier nun mein dritter Teil zum Thema Beziehung Eltern – Kinder. Die ausführliche Version in der Zeitschrift THE RACE zu finden. Teil 1 ist hier und Teil 2 hier zu finden.
Diese zweite Aufforderung ist Teil der Zehn Gebote. „Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit es dir gut geht und du lange lebst in dem Land, dass der Herr dein Gott dir geben wird.“ Was bedeutet nun das kleine Wörtchen „ehren“? Es bedeutet: jemandem Gewicht verleihen bzw. jemanden als gewichtig anerkennen. Ehren ist das, was eine Person ansehnlich macht. Ehren ist aber kein Auszeichnen, das einen Menschen über andere erhebt, sondern es ist ein Anerkennen des Anderen an seinem Platz in der Gemeinschaft. Einen König ehrt man, indem man seine Stellung anerkennt (1. Samuel 15,30). Gott ehren heißt, das ihm zukommende Gewicht geben; ihn in seinem Gott-Sein anerkennen. Es geht um eine positive Haltung der Wertschätzung und der Achtung, des Respekts und auch des Gehorsams. Nicht ehren dagegen ist: herabsehen, ausnutzen, verachten, hintergehen.
1. Eltern zu ehren heißt, dass ich sie als meine Eltern anerkenneDeine Eltern zu ehren, heißt erstmal ganz einfach sie als deine Eltern anzuerkennen. „Ja, das ist mein Vater.“ „Ja, das ist meine Mutter.“ Für viele bedeutet schon dieser Schritt eine Menge. Wie oft reden Kinder von ihren „Erzeugern“. Und wenn man dann in ihre Kindheit schaut, fängt man an zu verstehen, warum sie diese Formulierung wählen. Wer eine glückliche Kindheit genossen hat, wird keine Mühe haben seinen Eltern Respekt entgegenzubringen, aber was ist zum Beispiel mit einem Mädchen, dass von ihrem Vater missbraucht wurde? Oder einem Jungen, der regelmäßig grundlos verprügelt wurde? Ohne einen therapeutischen Heilungsprozess werden sie ihre Eltern wohl nie respektieren, geschweige denn, ehren können. Was völlig verständlich ist! Ehren kann auch gehorchen bedeuten (Eph 6,1-2). Doch meines Erachtens differenziert die Bibel hier. Sie fordert den Gehorsam der minderjährigen Kinder gegenüber ihren Eltern. Von dem erwachsen gewordenen Kind fordert sie dagegen Respekt. Jesus selbst hat seine Eltern stets respektiert, hat ihnen jedoch als selbständiger, erwachsener Mann nicht in diesem Sinne gehorcht (z.B. Lukas 8,19-21).
2. Um meine Eltern ehren zu können, müssen sie Anerkennung erworben habenMinderjährige Kinder werden ihren Eltern gerne gehorchen, wenn sich in ihnen Vertrauen aufgebaut hat, dass ihre Eltern es besser wissen als sie. Wenn dagegen Kinder erleben, dass ihren Eltern nicht zu trauen ist, werden sie hoffentlich misstrauisch.
3. Ehren ist keine Einbahnstraße – ehren deine Eltern dich? Wie sieht Eltern ehren aus, wenn deine Eltern dich nicht ehren? Ich halte das für eine wichtige Frage. Die Art und Weise wie ich meine Eltern ehren kann, ist doch genauso abhängig von ihnen. Ehren wird bei einem traumatisierten Kind anders aussehen. Wie ehren, wenn meine Eltern mich nicht als ihr Kind ansehen? Eltern ehren, ist so wie Gott ehren, eine wechselseitige Angelegenheit. Wir sollen Gott ehren! Aber doch nicht um des Ehrens willen? Will Gott, dass ich ihn einfach so ohne Grund ehre oder aufgrund von Druck vonseiten des Gesetzes? Nein! Der Punkt ist doch, dass Gott uns zuerst geliebt hat. Gott hat uns geschaffen; wir sind sein Plan, seine Idee. Er ist doch der, der den ersten Schritt gemacht hat. Er ist doch der, der uns seine Freundschaft angeboten hat. D.h. wenn wir ja zu Jesus sagen, anfangen ihn zu ehren, dann doch weil er uns zuerst geehrt hat. Wir erwidern Gottes Liebe, wir bejahen sein Angebot, das wir für genial befunden haben. Wir lieben Gott, weil er uns liebt. Wir ehren Gott, weil er uns ehrt.
Wie sieht es nun bei unseren Eltern aus? Auch wenn sie uns weder ehren noch lieben, sollen wir sie ehren und lieben. Ja, das sollen wir. Schließlich sollen wir auch unsere Feinde lieben. Die Frage ist deshalb: Wie komme ich an diesen Punkt, dass ich dazu in der Lage bin? Dafür muss Heilung passieren, zu der Gott jeden führen will.